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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 239
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tionen spricht er auch davon, daß der Begriff der „Person" bzw. der der „Persönlichkeit
" - anders als Kant unterscheidet Schreiber beide Begriffe nicht oder nur sehr
ungenau - „constitutives Princip aller moralischen Wissenschaften" sei.51 Theologisch
bestimmt er die „Würde des Menschen" bzw. „sittlich-freie Persönlichkeit"
als Ausdruck bzw. „schönsten Theil" der „Gottebenbildlichkeit" des Menschen.52 So
führt er als Synonym für „Menschenwürde" auch „christlich-vernünftige Freiheit"
des Menschen ein. In der materialen Entfaltung der Moraltheologie soll dieses „Prinzip
" - „Menschenwürde", „Person", „christlich-vernünftige Freiheit" - nach vier unterschiedlichen
„Antrieben", auf vier differente „Pflichtenkreise" hin konkretisiert
werden.53

Wie zahlreiche andere Theologen des vormärzlichen Katholizismus bezieht
Schreiber sich in seinen moraltheologischen Publikationen sehr intensiv auf die zeitgenössische
philosophische Diskussionslage. Zudem rezipiert er5 deutlich stärker als
andere Fachgenossen, die Diskussionen um den Freiheitsbegriff, wie sie in der
deutschsprachigen protestantischen Theologie der Zeit geführt worden sind. Vor
allem im Bereich der „freien", „liberalen" protestantischen Theologie der Zeit ist er
bemerkenswert belesen. Mit Blick auf die von Schreiber verwendete Literatur gilt:
Er ist in einem prononcierten Sinne ein ökumenischer Denker.

Mit Pathos tritt Schreiber dafür ein, daß die Moraltheologie auf einem strikt rationalen
Fundament errichtet werden müsse.54 Die moralische Selbstbindung des Menschen
will er vernünftig begründen. Sein Konzept von Vernunft ist dabei - eigentümlich
synkretistisch und im einzelnen durchaus widersprüchlich - orientiert an der
frühaufklärerischen Tugendlehre, dem Kantischen Kritizismus, den idealistischen
Systemprogrammen Fichtes und Schellings, dem protestantischen theologischen Rationalismus
, der Spekulativen Theologie protestantischer Hegelianer sowie dem Individualitätsglauben
einiger romantisch inspirierter Theologen, insbesondere W. M.
L. de Wettes. Leitbegriff seiner philosophischen Darstellung des Prinzips der Moral
ist der Begriff der „Autonomie", den Schreiber programmatisch verwendet: „Dem
Menschen, der mit Freiheit, wenn auch nur mit beschränkter begabt ist, darf kein Gesetz
aufgedrungen werden; er kann nur Selbstgesetzgeber (Autonom) seyn. Fremde
Gründe zwingen; verbinden kann der Mensch nur sich selbst."55 Diese freie „Selbst-
gesetzgebung" des Menschen56 müsse aber vor falscher Ubersteigerung und Willkür
geschützt werden. Gegenüber idealistischen Systemprogrammen, in denen Autonomie
im Sinne einer Selbstkonstitution des Selbstbewußtseins gefaßt und die Freiheit
des Menschen mit der „absoluten Freyheit" Gottes verwechselt werde,57 insistiert
Schreiber darauf, daß menschliche Autonomie in einem göttlichen Grund der Freiheit
verankert, fundiert sei. Menschliche Freiheit sei nur ein Abbild des göttlichen
Urbildes schlechthin unbedingter Autonomie. Sie sei deshalb relativ, begrenzt. „Die
Freyheit ist unverkennbar eine beschränkte, ankämpfende, ringende, aber zu immer
größerer Vervollkommnung und Unabhängigkeit berufen ..."58 Diese Differenz von
göttlich absoluter und menschlich relativer Freiheit beschreibt Schreiber in einer
teils kritizistischen, teils idealistischen Diktion. Das empirische Ich, der einzelne
Mensch müsse davor geschützt werden, sich unmittelbar als allgemeines Ich zu verstehen
und Autonomie mit Autarkie, Willkürfreiheit oder abstrakter Selbstdurchsetzung
zu verwechseln. Jeder Mensch habe - auch frühliberale Reformtheologen wis-

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