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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 240
(PDF, 57 MB)
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sen um die Macht der Sünde - einen natürlichen Hang, sich an die Stelle der
Menschheit überhaupt setzen zu wollen. „Daher ist es an sich nicht zu verwundern,
wenn der Mensch, der nur auf sich hört, gewöhnlich sein an sich selbst in sein selbst
in der Erscheinung, und seine Selbstgesetzgebung (Autonomie) in eine Selbstsucht
umwandelt, welche nur das eigenste Ich als Mittelpunkt betrachtend, in dem Menschen
der Menschheit Hohn spricht."59 Durch Begriffe wie Autonomie, Freiheit,
Selbstbewußtsein oder Ich - Schreiber verwendet solche Begriffe, gemessen an
streng philosophischen Standards, wenig präzise - sucht Schreiber deshalb dem Interesse
an einer reflektierten moralischen Selbstbindung des Menschen Geltung zu
verschaffen. Der Mensch soll sich am göttlichen Grund der Freiheit orientieren, die
Person „ihr Selbst mit ihrem Ich in Harmonie" bringen,60 das Abbild dem Urbild sich
annähern, das empirische Ich als Repräsentant der absoluten Subjektivität Gottes
agieren. „Aechte Humanität ist zugleich stellvertretende Divinität."61 Diese Konzeption
, in der zahlreiche Denkfiguren der neueren römisch-katholischen Diskussion
um „autonome Moral" und „theonome" Fundierung der Freiheit vorweggenommen
sind, will Schreiber aber strikt rational darstellen und durchführen; moraltheologische
Positionen, in denen dem Vernunftwissen um autonome Moralprinzipien sekundär
ein Offenbarungswissen zugeordnet oder gar vorgeordnet wird, lehnt er als
irrational und widersprüchlich ab.62 Der Übergang vom philosophischen zum theologischen
Standpunkt sei allein aus inneren Gründen der Vernunft zu vollziehen.

Dafür lautet Schreibers zentrales Argument: Eine rein philosophische Darstellung
von Menschenwürde oder Personalität könne keine tragfähige Begründung moralischer
Verbindlichkeit leisten. Erst wenn das philosophisch Vernünftige auch theologisch
thematisiert, aus dem religiös erschlossenen Willen Gottes abgeleitet werde, sei
es in einem festen, unerschütterlichen Grund fundiert. Nur ein göttlicher Gesetzgeber
könne den menschlichen Willen unbedingt binden. Religion stelle zudem - hier argumentiert
Schreiber wieder im Sinne Kants, dessen Autonomie-Konzept er ansonsten
, trotz der begrifflichen Anleihen, nicht gerecht wird - ein unverzichtbares Vehikel
moralischen Handelns dar. So behauptet Schreiber, daß „nicht nur die Wissenschaft
, sondern auch das Leben durch dieses zweite (religiöse, theologische) Prinzip
(seil, der Moral) wesentlich gewinnt. Während jene die unerläßliche absolute Begründung
erlangt hat; erhöht sich in diesem die Verbindlichkeit der sittlichen Gesetze
durch die Anerkennung eines höchsten über der Menschheit stehenden Gesetzgebers.
Wie Wenige (ich rede von Bessern) sind im Stande, sich selbst immer zu gehorchen,
und folgen nicht lieber dem Willen Gottes als dem oft sehr schwankenden eigenen? -
Sodann ist, wer sich selbst Gesetze giebt, zu leicht der Versuchung ausgesetzt, sich
Ausnahmen zu erlauben, oder gar den ganzen Codex nach Willkühr umzuändern. ...
Auch sind die Antriebe zum Guten durch die Religion bedeutend verstärkt."63 Nachdrücklich
betont Schreiber dabei, daß zwischen dem „philosophischen" und dem
„religiösen" bzw. „theologischen Standpunkt" allein eine perspektivische Differenz
bestehe: „Daß dieses theologische Prinzip an sich kein anderes als das philosophische
, sondern vielmehr in dem einen Wesen mit demselben gegründet ist, bedarf wohl
keiner Auseinandersetzung. Es ist dieselbe, des freien Wesens allein würdige Autonomie
; nur erhöht, weil vom Abbild auf das Urbild hinübergetragen."64

In analoger Weise konstruiert Schreiber auch den Ubergang vom religiösen, theo-

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