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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 246
(PDF, 57 MB)
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Staates - mit Blick auf Schreibers organologische Fassung des Begriffs von Volk und
Nation wäre es angemessener zu sagen: alle Glieder der Nation - als solche Glieder
in der Gemeinschaft der (nationalen) Kirche. Schreiber entwirft das Programm einer
nationalen deutsch-christlichen Zivilreligion, Das Religiöse, Christliche soll gerade
die „innere Vergemeinschaftung" (K, Tanner) der Bürger zur Nation verbürgen oder,
anders formuliert, atomistisch vereinzelte Individuen zu einem organischen Körper,
zur nationalen Gesinnungs- und Kulturgemeinschaft zusammenschließen.

In der Forschung zum Frühliberalismus haben religiöse Wertorientierungen und
die im Vormärz äußerst wichtigen Kontroversen über die Beziehungen von Staat und
Kirchen bzw. über das Religionsrecht bisher nur am Rande Aufmerksamkeit gefunden
. Für eine differenziertere Erschließung der harmonistischen Sozialutopien, die
die vormärzlichen Liberalen formuliert haben, bedarf es aber gerade gesteigerter
Sensibilität für die Relevanz von Religion und das hohe Gewicht theologischer Argumentationsfiguren
in der verfassungspolitischen Diskussion. Vor allem die hochgradig
idealisierten Vergemeinschaftungsvisionen und das wachsende Gewicht der
Hoffnung auf Integration durch den neuen Leitwert „Nation" lassen sich zureichend
nur verstehen, wenn die religiös-theologische Fundierung von „Gemeinschaft" und
„Nation" in den Blick kommt. Schreibers Moraltheologie und deren Konkretion im
Engagement für den Deutschkatholizismus sind dafür ein hervorragendes Beispiel.
Immer wieder erklärt Schreiber, daß nur Religion den wahren, inneren Zusammenhalt
des Gemeinwesens verbürgen könne. In der im Mai 1845 erschienenen Programmschrift
„Das Princip der deutsch-katholischen Kirche", mit der Schreiber
seine Konversion theologisch rechtfertigt, schreibt er, daß die deutsch-katholische
Kirche „eine national selbständige Durchführung des reinen Christentums und Katholizismus
"81 herbeiführen und durch Verschmelzung des Allgemein-Christlichen
mit der „aufgeklärte(n) und fromm-sittliche(n) deutsche(n) Nationalität" das bisher
noch niemals Realisierte bewirken werde: „das deutsche Volk in seinem Innern, seinem
Gemüthe zu vereinigen".82 „Mit dieser Vereinigung der Gemüther im Geiste
und in der Wahrheit, mit diesem lebendigen Zusammenwirken in einer gemeinschaftlichen
Kirche, wird auch die deutsche Nationalität selbst emporblühen und gedeihen
, das Vaterland wird im Innern an Kraft und Stärke, nach außen an Achtung
gewinnen."83 Erst mit der ökumenischen Aufhebung der alten Konfessionen in den
Deutschkatholizismus werde die Nation als religiöse Gesinnungsgemeinschaft, als
„deutsche Kirche" geboren: „Möge immer strahlender der schönste Frühlingstag
über Deutschland aufgehen - höherer Weise als einst die politischen Befreiungstage
von Leipzig: der große religiös sittliche Tag des Herrn, der heilige Ostertag der katholischen
Kirche!"84 Das zentrale Bild für diese innere, religiöse Vergemeinschaftung
der Bürger läßt plastisch die hohe Ambivalenz der Integrationsutopie Schreibers
erkennen: Selbst die Herzen, Seelen sollen vereint werden. „In einer deutschkatholischen
Kirche ... schlagen nicht bloß die Schwerter zusammen zum
Schutze des Herdes und zur Abwehr des äußern Feindes; sondern es lodern auch in
den Herzen selbst die Flammen ineinander, der nächste duldet nicht nur den nächsten
, er achtet ihn auch und fördert ihn, er teilt mit ihm seine Einsicht, seinen Mut
und seine Tatkraft; das Jahrhunderte lang eingeschrumpfte Herz des Deutschen öffnet
sich und er umarmt zugleich den Menschen und Christen, indem er den Seelen-

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