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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 267
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0267
Fabrikbesitzer zur Verfügung stellten, bis auf weiteres Gottesdienst halten* Der Wiederaufbau
der Kirche, zu dem die Landesherrschaft verpflichtet war, zog sich bis
1834 hin. Uber den Brand der Günterstäler Kirche berichtete Lehrer Beckert in
einem Unterstützungsgesuch vom 21. Juli 1829 an das Kreisdirektorium.47 Dieser
Brief soll hier in vollem Umfang wiedergegeben werden, auch weil er eines der raren
Zeugnisse in den Akten ist, in denen Günterstäler Bürger ihre persönlichen Sorgen
und Nöte zum Ausdruck gebracht haben:

„Am 4. April d. J. in der Früh halb 2 Uhr, weckte mich das höchst traurige und
jammervolle Geschrey, es brenne die Fabrick und die Kirche aus dem vollen und besten
Schlafe auf. Ich machte mich aus Pflicht sogleich als möglich zurecht, zog
etwas der nöthigsten Kleidungsstücke an, und eilte mit meinen zwey Söhnen Bernhard
und Aloys so geschwind als möglich mit den Kirchenschlüsseln der Kirche zu,
und wie ich innerhalb dem Thore, sah ich, daß das ganze Kirchendach in vollen
Flammen dastund samt dem Kirchthurm. Aller Gefahr aus Pflicht zu trotze giengen
wir zuerst in der Kirche über den Paramenten-Kasten, der auf der Emporkirche
stand, und öffneten ihn - uns kam aber niemand zu Hilfe - und nahmen durch drey-
maliges Wegtragen soviel als möglich in aller Eil die Paramenten, welche von keinem
geringen Werthe sind, und übertrugen selbe in den Pfarrhof. Bey dem B.maligen
Gang kam mir der Hochwürdige, kränkliche Herr Pfarrer in höchstem Schrecken
entgegen, und rief aus vollem Halse: Lehrer, Lehrer, das Heiligthum, Ziborium und
Hl. Blut! und hatte die Schlüssel zu dem Tabernakel wirklich in der Hand, und wollte
sich der größten Gefahr aussetzen, das Heiligthum noch zu holen; aber da waren
Söhne vom Schreiner Knepper, welche Ihn in den Pfarrhof zurückführten; und ich
nahm die Schlüssel aus Pflicht, und rettete noch mit größter Gefahr das Allerheilig-
ste Ziborium und das H. Blut, indem die Kirchenbühne schon ganz durchgebrannt
und einfiel. Auch ich kam nicht unbeschädigt durch; meine Hände waren auf lange
Zeit sehr verdorben, am linken Auge bekam ich einen so derben Hieb, daß ich
glaubte, das Licht an demselben zu verlieren, und verbrannte ein paar gute Stiefel.
Dieß alles war für mich noch nicht das größte Leiden. Während der Brand von Fabrick
und Kirche für die nächsten Gebäude am gefährlichsten war, so war meine
Frau ganz allein im Hause, und da sie sah, wie die Nachbarn ihre häuslichen Geräth-
schaften aus ihren eigenen Häusern austrugen, sie aber keinen Menschen um sich
hatte, der ihr zu Hilfe kam, so überfiel sie ein Schrecken, daß sie plötzlich so krank
wurde, daß sie kein Glied mehr rühren konnte, und 5 Wochen lang nicht einmal mehr
im Stande war, einen Eßlöffel mehr zu halten, und so mußte sie unter den größten
Schmerzen, die sie in allen Gliedern fühlte, mit größter Schonung theils gelupft und
getragen werden, wobey sie jämmerlich schrie, und ist bisher noch nicht gesund hergestellt
, und hat mich wirklich in einen Unkosten durch Abwartung, Doctor und
Apothek wenigstens 50 fL versetzt, welches einem Manne, wie ich, mit nachstehendem
Einkommen schwer fallen darf." Angesichts dieser Notlage bat Beckert um

* * _ _ _ _

Übertragung des Schuldienstes auf seinen Sohn Bernhard und um Beihilfe bei den
Krankheitskosten seiner Frau.

Das Erste Konstitutionsedikt, die kirchliche Staatsverfassung des Großherzogtums
Baden betreffend, vom 14. Mai 1807 unterstellte auch die katholische Kirche im
Lande dem staatlichen Einfluß.48 Die Ernennung von Kirchen- und Schulbeamten

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