Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 299
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0299
Fremde und womöglich in der Hoffnung, seine Söhne oder den Neffen Friedrich
ebenfalls zur Auswanderung animieren zu können, die Vorzüge eines Lebens in Freiheit
unter einem republikanischen Staatswesen. Manches sah er dabei sicher wie
durch eine rosarote Brille zu ideal und stellte es übertrieben vorteilhaft dar. Auch bei
Scheffelt mag zumindest teilweise zutreffen, was Hansmartin Schwarzmaier bei seiner
Befassung mit Auswandererbriefen beobachtete: „Man will ein wenig angeben,
den eigenen Mut unter Beweis stellen, aber man beabsichtigt auch das Gegenteil:
man redet sich die Angst vor dem Neuen und Unwägbaren von der Seele, die Sorgen
um die Bewältigung des Daseins, das man nicht in dem Maße in der Hand hat wie in
der von jahrhundertealten Normen bestimmten Welt der alten Heimat. Heimweh und
Unternehmungsgeist kommen gleichermaßen zum Ausdruck .. ."25

Alle drei Korrespondenten erwähnten in ihren Briefen bekannte Persönlichkeiten
der badischen und deutschen Geschichte, mit denen sie zusammentrafen, die sie aus
gemeinsamer Tätigkeit kannten oder mit denen sie gar befreundet waren. Neben Abgeordneten
des Landtags, der Konstituierenden Versammlung und der Paulskirche
wie Itzstein, Kiefer, Bronner, Helbing, Mez und Reichenbach sind auch der Kriegsminister
Roggenbach und Wissenschaftler wie Wilhelm Eisenlohr und Redtenbacher
darunter, Besonders auf Christian Friedrich Kiefer, Friedrich Hecker und Gustav
Struve, die wie er nach Amerika emigriert waren, kam Scheffelt immer wieder zu
sprechen. Mit einem Hauch von Neid berichtete er über Kiefer, der mit ihm zusam-
men die Überfahrt nach Amerika gemacht hatte und es in Philadelphia zum erfolgreichen
Hotelier und Brauereibesitzer brachte.26 Anders als er selbst kam jener in den
Genuß von Familienglück, Wohlstand und Anhänglichkeit seiner einstigen politischen
Freunde. Auch „Freund Hecker" in Illinois war in der Lage, in größerem Umfange
Land zu erwerben und sich in die Farmerei zu stürzen, die ihm inzwischen
wichtiger war als „die deutschen Wirren".27 Eine tiefe Abneigung hegte Scheffelt gegenüber
Gustav Struve, der sich in New York als Publizist etabliert hatte. Ihn verachtete
er als Opportunisten und wegen seiner „kommunistischen" Ideen.28 Der
Grundbesitzer und Kleinunternehmer Scheffelt konnte kein Verständnis haben für
Mitstreiter, die über den gemeinsamen Kampf um Demokratie und Republik hinaus
Ideen verfochten, welche an bestehende Eigentumsverhältnisse rührten. Überdies
wollte Scheffelt keine unkontrollierbare gewaltsame Revolution. Immer noch
schwebte ihm gleich vielen Liberalen in Deutschland das Schreckensbild vom
„Guillotine-Regiment" der Straße in der Französischen Revolution, wie es sein
Neffe Friedrich Grether in einem Brief vom 20. 9. 1851 anprangerte, vor Augen. Er
wollte Veränderung in geordneten parlamentarischen Bahnen und die Aufrechterhaltung
von „Ruhe und Ordnung"29 Wie sein Neffe sah Scheffelt aber nach dem Scheitern
der Revolution 1849 keine Chance mehr für einen friedlichen Wandel. Zwar
zweifelte er nicht, daß sich die Demokratie letztlich durchsetzen und die Republik

25 Hansmartin Schwarzmaier, Auswandererbriefe aus Nordamerika. Quellen im Grenzbereich von
Geschichtlicher Landeskunde, Wanderungsforschung und Literatursoziologie, in: ZGO 126, 1978,
S. 303-3705 hierS. 304.

26 Brief vom 10. 2. 1851.
21 Brief vom 28. 2, 1853.

28 Briefe vom 10.2. 1851 und 25. 12. 1851.
Brief vom 10.2. 1851.

299


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0299