Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 300
(PDF, 57 MB)
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kommen werde, aber sie würde über „Trümmern und Grabhügeln" erstehen.
Während Friedrich Grether jedoch als alleinigen Auslöser einer unvermeidlichen
neuen Revolution das nunmehr herrschende harte Unterdrückungsregime der „Monarchisten
" sah, das nur dazu führen konnte, daß der Volkszorn immer mehr aufgestaut
und sich schließlich in einer blutigen Gewaltaktion entladen würde,30 ging
Scheffelt in seiner Ursachenforschung weiter. Für ihn war die schwere Krise, der
Deutschland und Europa nach seiner Überzeugung entgegengingen, auch eine Folge
der Überbevölkerung in der Alten Welt, denn sie mußte zu einem harten Konkurrenzkampf
um die zu geringen Ressourcen, zu Unruhen und endlich zum Zusammenbruch
aller Ordnung führen. Diese „fürchterliche Umwälzung" erwartete er
bald, denn er empfahl seinen Freunden und Verwandten, „sich immer reisefertig zu
halten", um jederzeit aus Europa flüchten zu können.31 Mit ihren düsteren Zukunftsvisionen
standen Scheffelt und Grether keineswegs allein. In seiner „Geschichte der
drei Volkserhebungen in Baden 1848/1849" schrieb Struve 1849: „Blut, viel Blut
wird vergossen werden, bevor Deutschland wieder zur Ruhe kommen kann,32

Die Briefe Scheffelts zeigen gewiß viele Merkmale typischer Auswandererbriefe.
Herausragend sind sie aber, ebenso wie die Briefe seiner Korrespondenzpartner, dadurch
, daß hier Schreiber zur Feder griffen, die nicht nur über eine bessere Bildung
verfügten und des Briefeschreibens kundig waren, die also die inhaltliche und stilistische
Ausführung mit einer gewissen Gewandtheit meisterten, sondern für die es
auch nichts Besonderes war, den Blick über die begrenzten geistigen und geographischen
Verhältnisse der engeren Heimat hinaus zu erheben. Von Scheffelt und von
Onophrion Grether wissen wir, daß sie in jungen Jahren zu Studienzwecken in der
französischsprachigen Schweiz weilten, Friedrich Grether reiste durch Westeuropa,
Alle drei standen mit beiden Beinen auf dem Boden. Sie hatten einen ausgeprägten
Sinn für das Praktische, für wirtschaftliche Fragen, für Geld und Grundbesitz, Sie interessierten
sich für Politik, verfolgten die Entwicklungen mit wachem Verstand und
brachten ihre Meinung darüber zum Ausdruck, Natürlich sprachen die Korrespondenten
auch eine Flut von banalen Dingen an und über weite Strecken befaßten sie
sich mit Familieninterna, aber auch solche Passagen sind aufschlußreich, geben sie
doch Auskunft über die Lebensweise einer aufgeklärten, dem wirtschaftlichen und
technologischen Fortschritt aufgeschlossenen ländlichen Oberschicht, die bereit und
willens war, politische Verantwortung zu übernehmen, wobei sie freilich in mancher
Hinsicht durchaus in ländlichen Traditionen, Denk- und Verhaltensweisen verhaftet
blieb. Während man beispielsweise - wie bislang üblich - die Wahl der Ehepartnerin
in erheblichem Maße immer noch unter dem Aspekt der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit
betrachtete, das Finden einer vor allem wohlhabenden und arbeitsamen
Frau als eine Lebensnotwendigkeit ansah und die Brautschau entsprechend gründlich
und geschäftsmäßig arrangierte,33 besuchte man andererseits Mustergüter und
eine Weltausstellung,34 diskutierte man Deutschlands Zukunft35 und äußerte man

30 Brief vom 20. 9. 1851.
™ Brief vom 4. 7. 1852.

32 Freiburg 1980. Veränd. Nachdruck der Ausgabe Bern 1849, S. 287.

33 Brief vom 19.2. 1852.

34 Brief vom 20. 9. 1851.

35 Briefe vom 10.2. 1851,20. 9. 1851 und 4. 7. 1852.

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