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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 310
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0310
Meine Vermögensverhältnisse, welche durch das Bauen und Einrichtungen etc. herabgekommen
(sind); 3> Mögen Mißverständnisse, kleinliche Nebensachen, die durch
niederträchtige Verleumder größer gemacht und von meinen Verwandten als wahr
angenommen worden (sind), zum Teil als Ursache gedient haben etc. Solche kleinliche
^) Nebendinge machen bei vielen Leuten oft mehr Eindruck und Verdruß als
Hauptsachen. Mag Ursache sein, was will, die eine Art Kälte zwischen uns herbeigeführt
(hat), so erkläre ich, daß ich Euch nie böse war. Trotz dieser Zurückhaltung
war ich Euch immer treu und gut und

[Ende S, 2]

werde es auch immer bleiben. Das, was unsere Liebe und Freundschaft einigermaßen
gestört haben sollte, wollen wir nicht mehr berühren, sondern vergessen und
mit dem Mantel der Liebe zudecken.

Lieber Schwager, Du wirst mich wegen meiner etwas harten Beschuldigungen in
meinen letzten Briefen gegen meine früher so intimen Vertraute(n) und Freunde entschuldigen
. Wenn Du Dich an meine Stelle, in der ich war, denken kannst oder willst
- freilich nur der empfindet und fühlt am tiefsten, der selbst leidet denke Dir
em(eri) Mann, der in guten Verhältnissen stund, von allen, die ihn kannten, mit vieler
Achtung behandelt wurde, der überall großes Vertrauen hatte, der es so redlich
und gut gemeint und für die gute Sache und das öffentliche Wohl soviele Opfer gebracht
(hat) und welchen nun seine Kinder, Verwandte(n) und so viele Freunde verlassen
, dem sein Vermögen von seinen Feinden weggenommen (wurde), der alles,
was ihm teuer und heilig war, und alles, was er mit seinem Schweiß, Kummer und
Sorgen errungen (hat), zurücklassen und als Verbrecher verfolgt und ohne Mittel
sich entfernen und dem lieben Vaterland den Rücken für immer kehren mußte und
dem seine vielen Freunde nicht einmal mehr den Abschiedskuß reichten, noch viel
weniger ihm eine Unterstützung anboten, sondern sich wie vor einem Aussätzigen
zurückzogen und sagten, wir kennen ihn nicht! Einem solchen unglücklichen Mann
wird man, hoffe ich, verzeihen, wenn er (sich) über Teilnahmslosigkeit seiner
Freunde beklagt und sich im Unmut etwas hart äußert.

Daß ich Fritz über sein Benehmen gegen mich tadelte und Ludwig wegen seiner
Handlung gegen mich in New York belobte, werdet Ihr mich ebenfalls entschuldigen,

Offizier auf der Seite der Union. 1863 kehrte er nach Deutschland zurück. Vgl. Hermann Ehmer,
Gustav von Struve (1805-1870), in: USA und Baden-Württemberg in ihren geschichtlichen Bezie
hungen, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg. 1976. S. 82-85 / Dobert (wie
Anm, 46) S, 208 ff, / Wittke (wie Anm. 41), Scheffelt hegte offenbar eine tiefe Abneigung gegen
Struve oder zumindest gegen die von jenem geäußerten sozialistischen Ideen. Unter anderem forderte
Struve immer wieder die Abschaffung aller Adels und Geldprivilegien, die Beseitigung der
Not der arbeitenden Klassen und des Mittelstandes, die Ausgleichung des Mißverhältnisses von Arbeit
und Kapital und die Beteiligung der Arbeiter am Gewinn. Vgl. Willy Real, Die Revolution in
Baden, 1983, S, 60; Franz X. Vollmer, Vormärz und Revolution 1848/49 in Baden (Modelle zur
Landesgeschichte) 1979, S. 88 f. Politische Freiheit war für Struve wertlos, wenn sie nicht mit der
Verbesserung der materiellen und bildungsmäßigen Situation der unteren Volksklassen verbunden
war. In seinem Brief vom 25. 12. 1851 bezeichnete Scheffelt Struve indirekt als Kommunisten und
warf ihm zugleich Opportunismus vor, weil er im amerikanischen Exil seine politischen Überzeugungen
unter dem Einfluß der öffentlichen Meinung mäßigte. Scheffelt wollte zwar die Republik
und demokratische Freiheiten erkämpfen, jedoch sollte sich der Wandel nicht revolutionär, sondern
bei Erhaltung von „Ruhe und Ordnung" (Brief vom 10. 2. 1851) sowie ohne Antastung der Vermögensverhältnisse
in geordneten Bahnen vollziehen,

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