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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 320
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durch Herrn Dr. Baurittel erfahrt, so will ich es doch versuchen, Euch eine kurze Beschreibung
unserer jetzigen politischen Zustände zu geben,87 Die hohen erhobenen
Hoffnungen und Erwartungen der ersten Hälfte des Jahres 1849 sowie die traurigen
unglückseligen Tage der zweiten Hälfte brauche ich Euch nicht zu schildern. Sie stehen
gewiß noch in dem hellsten Licht vor Eurem Geist. Die Unterdrückung Badens
war auch der Untergang der noch wenigen freien Institutionen im übrigen Deutschland
. Doch wenn Baden auch unterdrückt wurde, es fiel mit Ehren und nicht feig wie
die meisten übrigen Länder. Mit dem Beginn des Jahres 1850 erwachten für die leider
noch sehr vielen dummen und kurzsichtigen Leute die fürchterlichsten Todesängste
, Sie glaubten nämlich, jetzt würden 'die Großen1 hintereinander kommen,
und jetzt gebe es Krieg. Wer aber die Sache mit ruhigen hellen Augen betrachtete,
der mußte im ersten Augenblick innewerden, daß diese miserablen theatralischen
Spiegelfechtereien der am Abschnappen befindlichen Kabinette gegeneinander nur
zum Schein dienten. Viele verständige Leute glaubten indessen auch, daß, wenn die
Heere gerüstet wären, daß als dann ein teuflischer Plan gegen das letzte Bollwerk der
Demokratie in Europa, nämlich gegen die Schweiz, in Ausführung gebracht werden
sollte. Doch so sehr auch die Schweiz unsern roten Monarchisten ein Dorn im Auge
ist, so werden sich solche doch wohl hüten, ihre Heere aus Deutschland herauszulassen
. Die Befürchtungen unserer kurzsichtigen Politiker erreichten aber erst in diesem
Jahr ihren höchsten Punkt, als die Geschichte in Kurhessen anfing.88 Hier
schrien uns unsere Aristokraten in die Ohren: 'Seht, so hättet Ihr es auch machen sollen
wie die Kurhessen!' Aber dieses Geschrei verstummte bald, als die Schlechtigkeit
der Potentaten offen an den Tag trat. Wer auch da noch Zweifel hatte, dem mußten
beim Untergang von Schleswig-Holstein die Augen vollends aufgehen. Hier mußte
auch der Dümmste den Bund der Fürsten zur Wiedererknechtung der Völker einsehen
, ja mit Händen greifen. Seit dem Fall von Schleswig-Holstein89 liegt nun Europa
wieder in einem faulen Frieden, aus dem es früher oder später, vielleicht ehe wir es
ah(n)en, fürchterlich erwachen wird. Unsere roten Monarchisten sehen aber auch
ein, daß ihre Uhr bald abgelaufen ist. Ich selber hörte einst die Worte aus einem solchen
Munde fließen: 'Unser Untergang ist sicher, deshalb wollen wir uns zum voraus
rächen!' Ja! Dieses Wort ist schon seit der Unterdrückung Badens die Devise auf der
Fahne der roten Monarchisten gewesen, ja ihr erstes Auftreten nach der Revolution
von 1849 trug schon diese Aufschrift auf der Stirn, Ich frage nur: Wie trat unsere provisorische
Regierung im Anfang, dann auch durch die ganze Dauer der Revolution

87 Zur Geschichte der preußisch-badischen Reaktionspolitik nach der Revolution vgl. Günter Richter
, Revolution und Gegenrevolution in Baden j 849, in: ZGO 119, 1971, S. 387 425.

88 Obwohl er Mitglied der Union deutscher Staaten unter preußischer Führung (Erfurter Unionsparlament
) war, rief der Kurfürst von Hessen 1850 in der Auseinandersetzung mit seinen Ständen den mit
der Union konkurrierenden Deutschen Bundestag zu Hilfe, worauf bayerische Truppen im Rahmen
einer Bundesexekution aufmarschierten. Eine größere militärische Auseinandersetzung mit dem sei
nerseits intervenierenden Preußen konnte erst in letzter Minute verhindert werden.

89 Die Herzogtümer Schleswig und Holstein, deren Landesherr der König von Dänemark war und von
denen das erstere seit 1846 von den Dänen als zu Dänemark gehörig betrachtet wurde, hatten sich
1848 von der dänischen Krone losgesagt und waren dem Deutschen Bund beigetreten. Da sich
Preußen von der anfänglichen Unterstützung der Herzogtümer zurückzog, endete der nun ausbrechende
Deutsch-Dänische Krieg mit einem vollständigen Sieg Dänemarks.

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