Freiburger historische Bestände - digital

Bei uns geht es so ziemlich gut. Vater und Mutter sind gottlob wohl. Früher war
die Mutter Ama ...104 unwohl und machte deshalb in Peterstal eine kleine Badkur.105
Jetzt geht es ihr gottlob wieder besser. Unserer lieben Tante geht es leider nicht besser
. Sie hat nur noch einen kleinen Schimmer von Licht. Früher litt sie auch an Magenbeschwerden
. In letzter Zeit jedoch nicht mehr. Meine liebe ältere Schwester Ri~
keli hat wieder einen schwachen Licht- und Farbschimmer in ihrem kranken Aug.
Das andere leidet gottlob gar nicht dabei. Im übrigen ist sie gottlob recht gesund und
sieht am besten von uns dreien aus. Das Liseli ist gottlob auch recht wohl. Was mich
anbelangt, so geht es mir auch recht gut, obgleich ich öfters an Zahnschmerzen leide.

Meine einzige Sorge ist noch wegen Eurem

[Ende S. 3]

lieben Fritz.

Diesen Sommer habe ich auch eine weite Reise nach London und Paris gemacht,
von welcher ich am 23ten August wieder glücklich zurückgekehrt bin. Diese Reise
machte ich teilweise in Begleitung des Herrn Hofrat Eisenlohr106 und seines Sohnes
sowie auch des Herrn Professor Redtenbacher.107 Auf der Fahrt rheinabwärts übernachteten
wir auch beim alten Itzstein in Hallgarten.108 Er erkundigte sich recht teilnehmend
nach Euch und den ganzen Abend hindurch sprach er von seinem teuren
Scheffelt. Auch bei uns gibt es noch viele Herzen, welche warm für Euch schlagen.
Von Hallgarten fuhren wir noch bis Köln auf dem Rhein. Von da gings per Eisenbahn
nach Ostende109 und von Ostende per Dampfschiff in 13 Stunden nach London. Hier
blieb ich fast 3 Wochen. Da Eisenlohr ein großes Renommee in England besitzt, so
hatten wir überall Zutritt. Wir wurden sogar in die erste Maschinenfabrik der Welt,
nämlich die von Mandelay,110 eingelassen. Auch erhielt ich durch seine Vermittlung
eine Einlaßkarte auf ein Mustergut in Teptree Hall im Norden der Grafschaft Essex.
Außerdem kamen wir in der Umgegend Londons in den Städten Richmond,111
Hampton Court,112 Windsor Castle,113 die Docks in Blackwall114 mit ihren Riesen-

104 Teilweise unleserlich, offenbar gekürzt.

105 Heute Ortsteil der Gemeinde Bad Peterstal-Griesbach im Renchtal.

106 Dr. h. c. Wilhelm Eisenlohr (1799 1872) war Lehrer am großherzoglichen Polytechnicum in Karlsruhe
, 1824 heiratete er die einzige Tochter des Johann Adam v. Itzstein. 1849 war er Mitglied der
Karlsruher Bürgerwehr. Vgl, Badische Biographien, hg. von Friedrich v. Weech, Bd. I, 1875, S.
223-226.

107 Der Österreicher Ferdinand Redtenbacher (1809 1863), der seit 1833 an der Höheren Industrie
schule in Zürich gelehrt hatte* wurde 1841 als Professor für Maschinenbau an das großherzogliche
Polytechnicum nach Karlsruhe berufen. Vgl, Weech (wie Anm, 90) S. 161 163,

108 Der Hofgerichtsrat Johann Adam v. Itzstein (1775 1855) war der führende liberale Politiker seiner
Zeit in Baden und wurde als Vorkämpfer für Presse , Rede und Versammlungsfreiheit gefeiert.
1822 1823 und 1831 1848 war er Abgeordneter in der Zweiten Kammer des Badischen Landtags.
1848/49 gehörte er der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt an. Nach dem Scheitern der
Revolution floh er zeitweise ins Elsaß und in die Schweiz. Vgl. Koch (wie Anm. 81) S. 224 / Weech
(wie Anm. 106) S. 430-434. Hallgarten im Rheingau nahe Wiesbaden.

109 Hafenstadt in der belgischen Provinz West-Flandern.

110 Lesung unklar.

111 Westlicher Vorort Londons in der Grafschaft Surrey.

112 Schloß der englischen Könige in der Grafschaft Middlesex, 19 km von London entfernt.
n3 Schloß der englischen Könige in der Grafschaft Berkshire, 34 km von London entfernt.

314 Östlicher Stadtteil von London.

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