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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 329
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1997/0329
immer zu, er bekomme sogar öfters starke Brustkrämpfe, sei immer im Delirium und
werde schwerlich mehr den morgigen Tag erleben. Es habe sich auch ein Friesel und
ein Nervenzucken eingestellt und das Phantasieren daure immer fort, doch spüre er
noch den Senf, den man ihm wegen der Brustkrämpfe auf Arm und Beine lege. Diesen
Nachmittag sei zu allem Schrecken für den lieben, niedergeschlagenen Ernst
noch Herr Dr. Baurittel ins Zimmer getreten. Fritz habe aber sogleich die Augen von
ihm abgewendet und ihm trotz seinem Delirium einen scharfen Blick zugeworfen,
den alle verstanden haben, und worauf Dr. Baurittel mit meiner Mutter und Ernst das
Zimmer verließ und mit ihnen in die innere Wirtsstube ging. Dort fing Herr Baurittel
einen höllischen Lärm an und sagte: Hätte man ihn gebraucht, er hätte ihn retten können
, jetzt aber werde er nur deswegen sterben, weil er schlecht behandelt worden sei
von Dr. Schweikhardt und er, der Ernst, hätte es zu verantworten, wenn sein Vater
(also Ihr) denken könnte, Fritz sei in Folge der unrichtigen Behandlung von Seiten
der Arzte gestorben. Ein(erc) solchen Vorwurf machte also Dr. Baurittel Eurem von
der schweren Last seiner Leiden schon fast zu Boden gedrückten Sohn Ernst. Ihr seht
nun selber den ganzen Krankheitsverlauf Eures lieben Fritz und Ihr mögt selber richten
, ob das volle Zutrauen, das wir sowie auch der Patient dem Dr. Schweikhardt
schenkten, gerecht war. Lasset uns den Kranken in Gottes Schutz empfehlen und
dem, was da kommen mag, mit fester Zuversicht entgegenschauen, weil wir es ja
doch nicht ändern können. Fritz hat das Leben nur in seiner Schönheit gesehen und
bei den harten Schicksalsschlägen doch nie das empfunden, was Ernst (empfand). O
Euer Ernst würde gerne, sehr gerne für ihn sterben, denn ihm ist das Leben besonders
jetzt, wenn er seinen teuren Bruder verliert, doch verleidet.

[Ende S. 5 / Der Brief wurde hier erneut unterbrochen und am 27. September
mit neuem Datum und erneuter Anrede fortgesetzt. Von hier ab ist der Brief
schwer leserlich, da er im rechten Winkel mit schwarzer Tinte über einen quer

laufenden Text in blauer Tinte geschrieben ist:]
Steinen am 27ten September 1851 morgens. Teurer Oncle!

Unsere ernstlichen Befürchtungen wegen dem immer mehr zunehm(erc)den Krankheitszustand
unseres lieben Fritz haben sich leider verwirklicht. Donnerstagfrüh 4
Uhr ließen seine Hitzen und mit ihnen das immerwährende Phantasieren plötzlich
nach. Die Nervenzuckungen und Krämpfe nahmen auch allmählich ab. Der Atem
wurde immer leiser, immer schwacher, bis er um halb 7 Uhr wie eine Lampe ohne
Schmerz sanft entschlief. Ach lieber Oncle, wir, so wie auch Ihr, fühlen, was wir verloren
haben. Ich kann mir denken, welchen furchtbaren Eindruck dieser Brief auf
Euch macht, in welche Trauer Euch diese so plötzliche unerwartete Nachricht versetzt
, weil es Euch nicht vergönnt ist, Euren lieben Sohn noch einmal hier wiederzusehen
, noch ihn zu seiner letzten Ruhestätte mit uns zu begleiten. Aber tröstet Euch
mit uns, auch Euer Ernst ist bei diesem neuen Schlag bei weitem nicht so niederge-
schlagen, als ich mir vorstellte. Nur hat er natürlich keine Lust zur Übernahme dieses
ganzen, so großen Geschäftes, was ihm auch niemand verargen kann, denn nach
so vielen Leiden und traurigen Erfahrungen verliert der Mensch immer die Lust zu
großen Unternehmungen und möchte seine Sache so klein als möglich machen. Bis
Weihnachten wird er nun alles miteinander noch fortführen und dann wahrscheinlich
zwischen zweien wählen: 1) entweder wird er die Wirtschaft und Brauerei ausleh-

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