Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 377
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band der Korporationen, an, daß sämtliche Verbindungen ihre studierenden Mitglieder
künftig für zwei Semester in einer „gemeinsamen Bundeswohnung" unterzubringen
hätten. Dagegen erhob sich in den eigenen Reihen Widerstand. Die Erlanger
Burschenschaft „Bubenruthia" war nicht bereit, den Beschluß umzusetzen und
wandte sich an den dortigen Oberbürgermeister Dr. Flierl mit der Bitte, sich für die
Beibehaltung von Privatzimmern einzusetzen* Sie brachte zwei Argumente vor, die
die Stadtverwaltung interessieren mußten: Zum einen befürchtete sie ein gebrochenes
Verhältnis zwischen der Bevölkerung und den Studierenden, andererseits wies
sie darauf hin, daß die Kasernierung wirtschaftliche Nachteile für die ansässigen
Vermieter bedeuten würde« Der Erlanger Oberbürgermeister teilte das Mißtrauen
und wandte sich nicht nur an die zuständigen staatlichen Stellen, sondern auch an
seine Kollegen in anderen Universitätsstädten. Seine Bemühungen blieben nicht
ohne Erfolg, Obwohl sich die „Deutsche Studentenschaft", die offizielle Vertretung
aller Studierenden, ebenfalls für die Einrichtung von Kameradschaftshäusern stark
gemacht hatte, verbot Gauleiter Julius Streicher am 21. Oktober 1933 ihre Einrichtung
„im Interesse der Erlanger Zimmervermieter".41

Die Freiburger Stadtverwaltung war weder von studentischer noch von staatlicher
Seite über die bevorstehende Kasemierung informiert worden, sondern erfuhr davon
Ende Juli durch das Rundschreiben aus Erlangen.42 Oberbürgermeister Dr. Kerber
brachte kein Verständnis für dieses Vorhaben auf, das nach seiner Überzeugung
einen empfindlichen Einschnitt für den hiesigen Wohnungsmarkt bedeuten würde.
Viele Freiburger waren auf Einkünfte, die sie durch das Vermieten von Zimmern an
Studenten erhielten, dringend angewiesen. Im Rathaus fürchtete man, daß die Betroffenen
, meist Kleinrentner und Witwen, sehr erbittert auf den Wegfall ihrer Mieteinnahmen
reagieren würden, der ihre wirtschaftliche Existenz bedrohte. Die Konsequenzen
hätte letztendlich das städtische Fürsorgeamt zu tragen gehabt, das den
Mietausfall hätte ausgleichen müssen.

Zunächst erkundigte sich das Bürgermeisteramt beim Rektorat, ob in Freiburg
ebenfalls eine Kasernierung der Studenten geplant werde und in welcher Form man
diese durchführen wolle. Heidegger erklärte dazu, daß sich die Deutsche Studentenschaft
bisher nicht eindeutig zu dem Vorhaben der Deutschen Burschenschaft
geäußert habe, grundsätzlich aber „künftig die aus dem Arbeitslager kommenden
Studenten im Kameradschaftshaus zusammenfassen" wolle. Er selbst befürwortete
und verteidigte dieses Vorhaben: „Ich verkenne nicht die Notwendigkeit der öffentlichen
Fürsorge, ich muß aber ebenso auf die großen staatspolitischen Erfordernisse
hinweisen, die eine straffe Gemeinschaftserziehung der Studentenschaft im nationalsozialistischen
Sinne bedingen." Zweifel blieben ihm lediglich an der Zuständigkeit
für diese neue Form der Studentenerziehung, die er offensichtlich nicht den Korporationen
überlassen wollte. Für die Sorgen der Freiburger Vermieter jedoch
brachte er wenig Verständnis auf. Seiner Ansicht nach gab es darunter zahlreiche, die
eigentlich nicht vermieten dürften. Wenn die Stadt einen Vermieterausschuß einrichten
und dieser „eine scharfe Auslese" vornehmen würde, könne der Wegfall studentischer
Mieter mit Leichtigkeit aufgefangen werden, so Heidegger. Kerber jedoch
lehnte die Einrichtung eines solchen Ausschusses rundweg ab.43 Er übermittelte
Heidegger am 8. September seine Zweifel an der Notwendigkeit von Kamerad-

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