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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
116.1997
Seite: 403
(PDF, 57 MB)
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ließen sie ihre Spuren sowohl in seiner Biographie als auch in seinen persönlichen Einstellungen
. Besonders prägend wirkten die Jahrzehnte des Wilhelminismus, in denen er sowohl seine
Jugend als auch seine Studienzeit verbrachte, 1905 trat er als Teilhaber in das seit 1872 bestehende
väterliche Unternehmen ein, das sich von einer Zementwarenfabrik über die Herstellung
von Kunststein zum Beton» und Eisenbetonunternehmen entwickelte und durch Fassadengestaltungen
in Betonwerkstein ebenso wie durch zahlreiche Hoch- und Tiefbauten - als
Beispiel sei hier die Ochsenbrücke genannt - bis heute entscheidend zum Erscheinungsbild
der Stadt Freiburg beigetragen hat,

Nachdem Brenzinger über vier Jahre lang beinahe ununterbrochen in Frankreich und Belgien
auf verschiedenen Schauplätzen am Ersten Weltkrieg teilgenommen und bis Juli 1918 in
der festen Überzeugung gelebt hatte, Deutschland werde den Krieg gewinnen, traf ihn die Kapitulation
nahezu unvorbereitet. Da er sich mit der Niederlage nicht abfinden wollte, fand die
rechte Propaganda, die in den „Novemberverbrechern" die eigentlich Schuldigen zu erkennen
vermeinte und wider besseren Wissens die „Dolchstoßlegende" verbreitete, in ihm einen überzeugten
Anhängen Seinem Vetter teilte er deprimiert mit, Deutschland „habe sich selbst entwaffnet
, sich entmannt". Die Schuld trug „das systematische Wühlen der Sozialdemokratie",
der er alles andere als aufgeschlossen gegenüberstand. Stattdessen dominierte eine Sehnsucht
„nach dem alten Regime" seine politische Haltung, Schon 1920 hoffte er auf einen „kraftvollen
Diktator, der endlich wieder Ordnung schafft".

Als im Januar 1933 einem solchen die Macht übertragen wurde, war auch Brenzinger unter
den Befürwortern. Vier Jahre später bezeichnete er sich selbst in einem offiziellen Schreiben
als „begeisterten Gefolgschaftsmann am Aufbauwerk unseres Führers". Dies geschah allerdings
aus einer Situation heraus, in der er in arge Bedrängnis geraten war. Sein Schwiegervater
galt nämlich nach den nationalsozialistischen Rassevorstellungen als jüdisch, seine Frau
Annemarie als „Mischling 1. Grades". Zu seiner großen Enttäuschung wurde Brenzinger zusammen
mit seinem Freund Ernst Müller-Adamy, dessen Frau ebenfalls jüdische Vorfahren
hatte, im Juni 1934 aus dem „Corps Saxonia" ausgeschlossen, einer schlagenden Verbindung,
in die beide während ihrer Karlsruher Studienzeit eingetreten waren. Dieser Vorgang verstieß
massiv gegen das Selbstverständnis eines derartigen „Lebensbundes" und war durch verblendeten
Rassismus motiviert. Die Konkurrenz in der Bauwirtschaft versuchte ebenfalls, aus diesen
Familienverhältnissen Kapital zu schlagen und den überaus erfolgreichen Unternehmer zu
verunglimpfen, woran sich auch der „Stürmer" mit zwei Artikeln beteiligte. Erschwerend kam
hinzu, so argumentierte nicht nur dieses Hetzblatt, daß Brenzinger den Juden Ludwig Friedländer
über lange Jahre als Prokurist beschäftigte. Er sah sich gezwungen, dem Oberingenieur
seine Befugnisse und Vollmachten zu entziehen und verhalf ihm schließlich im Jahr 1938 zur
Ausreise. Die Geschäfte florierten weiter, Brenzinger erhielt vor allem Wehrmachtsaufträge,
die zu erfüllen ihm lediglich wegen der nach Kriegsbeginn angespannten Arbeitsmarktsituation
Schwierigkeiten bereitete. Die eingezogenen „Gefolgschaftsmitglieder" wurden durch
Zwangsarbeiter ersetzt, die in einem firmeneigenen Barackenlager in Kirchzarten untergebracht
waren. Dort befand sich eine Außenstelle der Firma,

Im privaten Bereich blieben besonders seine Frau und seine Tochter Annibet weiterhin Diskriminierungen
ausgesetzt. Durch persönliche Beziehungen, die über Brenzingers enge
Freunde, besonders den Maler und zeitweiligen Direktor der Karlsruher Kunsthochschule
sowie der dortigen Kunsthalle Hans Adolf Bühler bis in die badische Regierung reichten,
konnten die Benachteiligungen immer wieder aufgefangen und abgemildert werden. Bühler
war ein vehementer Verfechter „arischer" Kunst und hatte bereits 1933 für Karlsruhe und
Mannheim sogenannte „Schreckensausstellungen" organisiert, die inhaltlich das Programm
der 1937 in München inszenierten Ausstellung über „Entartete Kunst" vorwegnahm. Auch der
Schriftsteller Hermann Eris Busse, ein weiterer enger Freund, war alles andere als ein Wider-

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