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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 20
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0022
Feuerbach, von Heinrich Schreiber natürlich u. a. mehr,41 Man könnte wohl die Revolutionsgeschichte
auf eine Kriegsgeschichte reduzieren. Vor einer voreiligen Parteinahme
für die Sieger oder die Verlierer sei indes gewarnt. Die Superiorin der Freiburger
Ursulinen, Karoline Kaspar, hielt in ihrem Tagebuch zu den Vorgängen an
Ostern in Freiburg fest: „Dieser Tag war von den Freischärlern in und außer der Stadt
ausersehen, die Stadt und durch sie das ganze Land zu erobern und danach die Meister
zu spielen. Allein Gott vernichtet die Absichten der Gottlosen und überläßt sie
ihrer Torheit ..." Die als klug und aufgeklärt verehrte Schulleiterin von St, Ursula
schließt ihre Notizen mit dem Satz: „Die Beschießung der Stadt kostete manchen
Freischärlern, leider aber auch manchen Soldaten das Leben."42 In der Tat: Ein Gedenkstein
am Ortseingang von Günterstal erinnert an die drei Soldaten, die auf Regierungsseite
fielen. Auf der Seite der Freischärler hatte es bei dem Gefecht 20 Tote
gegeben. Insgesamt weisen die Totenbücher der Freiburger Kirchengemeinden 33
Opfer aus, aber es waren mehr. Friedrich Hecker hat voll Bitternis von Razzien,
Mißhandlungen und willkürlichen Schießereien berichtet, die es nach dem Sieg der
Regierungstruppen in Freiburg gab, Auch sie gehören zum Bild von der Revolution;
sie lassen etwas vom Frost spüren, der über den „revolutionären Frühling" kam,43 „In
einem Gärtnerhaus, bei den drei Königen, in welchem sich eine alte Frau und ein
Kind befanden, wurde zuerst von den Soldaten gegen hundert Schüsse durch Türe,
Fenster hindurch getan und die wehrlosen Bewohner getötet. Eine alte Frau, welche
in der Webergasse die Fensterladen aufmachte, wurde mit 6 Schüssen durch Nassauer
Soldaten, ohne den mindesten Grund und Anlaß, auf das Gräulichste getötet,
der Schädel total zerschmettert. Ein junges Mädchen, Tochter des Dr. Bosch, welches
aus Neugierde zum Fenster heraussah, wurde erschossen ... Die getöteten Republikaner
wurden öffentlich zur Schau ausgestellt. Ein Trupp Soldaten ging hin, sie
zu besichtigen und ein Soldat sagte: so sollten die Hunde alle beieinander liegen!
Und als er näher trat, lag sein Vater unter den Vordersten der toten Republikaner; eine
Kugel hatte ihm die Brust zerschmettert."

Bliebe nachzutragen, daß etliche Anhänger der Republikaner verhaftet wurden,
unter ihnen auch Karl von Rotteck. Dabei war er es gewesen, der bei einer Völksversammlung
am Karsamstag die Bürger der Stadt mit allem Nachdruck davon hatte abhalten
wollen, sich der verlorenen Sache Heckers anzuschließen. Vernunft war nicht
gerade die vorzüglichste Tugend der Revolutionäre.

2. Von Sommer zu Sommer: Der offene Revolutionsprozeß

Das Scheitern des Heckerzuges bedeutete eine Zäsur in der Revolution für ganz
Deutschland, vielleicht die tiefste und entscheidende. Der Zug ist in Freiburg gescheitert
, nicht in Kandern. Hier in Freiburg fielen an Ostern 1848 die Würfel. Militärisch
und politisch. Gescheitert ist nicht „der Traum von der Freiheit", wohl aber
der Traum von einer konsensfähigen Freiheit. Heckers Experiment war gescheitert,
mit dem er die Bevölkerung testen wollte, inwieweit sie sich mit dem freien Völksstaat
identifizieren würde.44 Gescheitert war die Frühlingshoffnung, die Revolution
würde alle Freiheitsfreunde zusammenführen. Diese Hoffnung war hier in Freiburg
und erst hier endgültig gescheitert. Daran änderte nichts die nachträgliche Heroisie-


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