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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 23
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0025
Freiburgerund Freiburgerinnen 1848/49 oder gar: wie viele von ihnen waren revolutionär
? Dann muß ich gestehen, ich weiß es nicht. (Wir wüßten ja auch gerne, wie
viele von den 100.000 Einwohnern der Stadt in der NS-Zeit wirkliche Nazis waren.)
Das sind offene Fragen nicht nur der Revolutionsforschung. Ich will statt einer Antwort
auf die Frage, wie revolutionär die Freiburger in der Phase „von Sommer zu
Sommer" gewesen sind, mit drei Schlaglichtern ein wenig die politischen Verhältnisse
im damaligen Freiburg beleuchten.

Katholiken in der Stadt

Am 16. Mai 1848 versammelten sich in der Wiehre 28 Pfarrer aus dem Kapitel
Breisach und forderten mit Nachdruck eine Demokratisierung der katholischen Kirche
durch die Einberufung einer Synode mit Beteiligung der Laien.58 Zur Begründung
hieß es u. a.: „In Erwägung, daß durch die immer schärfer hervortretenden widersprechenden
Meinungen heftige Widersprüche entstehen, die sich allmählich in
das Gebiet der Kirche selbst eindrängen und zu Parteiungen Anlaß geben .. .".59 Aus
solchen Erwägungen sah sich das Kapitel Breisach in seinem Gewissen aufgefordert,
darauf hinzuwirken, daß das „uralte und ehrwürdige, seit einem Jahrhundert außer

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Übung gekommene Institut der Synode" einberufen werde. Die Konferenz der Pfarrer
stimmte mit 16 gegen 12 Stimmen für diese Resolution.60 Das Ordinariat bzw. der
Erzbischof, der greise Hermann von Vicari, verhielt sich lange indifferent bis defensiv
zu den revolutionären Strömungen, die doch offensichtlich auch das kirchliche
Leben betrafen, lehnte dann im August 1848 die Einberufung einer Synode auf Initiative
von unten ab.61

Der Versuch liberaler Katholiken bzw. katholischer Pfarrer, im Zuge der Freiheitsbewegung
eine Demokratisierung der Kirche einzuleiten, war gescheitert. Auf
einem anderen Gebiet zeigten die Katholiken, die 1848 noch gut 80 % der Bevölkerung
in der Stadt und im Umland ausmachten, daß die Revolution eine deutliche
Politisierung in der Breite bewirken konnte. Gemeint ist die Petitionenbewegung,
mit der sich Katholiken in die Grundrechtsdebatte der Paulskirche einschalteten.
80.000 Unterschriften konnten in der Erzdiözese Freiburg gesammelt werden. Aus
dem Dekanat Freiburg sind insgesamt 26 Petitionen von Juli bis September 1848 aus
13 von 28 Pfarrgemeinden gezählt worden. Das könnten umgerechnet 5000 Unterschriften
sein.62 An den Unterschriftsaktionen haben sich auch Frauen beteiligt.63

Der Struveprozeß

Gustav Struve war zusammen mit seiner Frau Amalia und dem Mitstreiter Karl Blind
nach dem Desaster seines Unternehmens in Staufen auf der Flucht zur Schweizer
Grenze in Wehr gefangen und nach Rastatt in Haft gebracht worden.64 Aufgrund der
badischen Reformgesetze waren Hochverratsprozesse seit Neuestem alle vor dem
Freiburger Hofgericht zu führen, und zwar in einem Schwurgerichtsverfahren. Für
den Prozeß gegen Gustav und Amalia Struve sowie Karl Blind wurden 30 Geschworene
aufgeboten.65 Als Staatsanwalt erhob Hofgerichtsrat Eimer die Anklage. Lorenz
Brentano, linker Abgeordneter in Frankfurt und Karlsruhe und sozusagen Treuhänder
Heckers, führte die Verteidigung.66 Den Geschworenen, unter denen ein paar
Bürgermeister, u. a. aus dem Hotzenwald, waren, drohte man im Wirtshaus, wenn sie

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