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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 50
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heraus. Die beiden letzteren hatten, und das war für die Deutschen ganz wichtig,
nagelneue Universitäten. Viele Hochschullehrer waren Deutsche. In Zürich und Win-
terthur hatte zudem die Gruppe des „literarischen Comptoirs" ihr Domizil Diese
Gruppe von Intellektuellen um August A. Folien, die Brüder Julius und Karl Fröbel
besorgte die publizistische Arbeit Die wichtigen Kontakte zu den Schweizer Verlegern
, Jenni in Bern, Walser in Birsfelden, Schläpfer in Herisau, die richtigen
Adressen gab es nur in Zürich. Die Netze waren fein gewoben und überlagerten sich.
Alle kannten sich. Man half sich gegenseitig weiter. Trotz aller weltanschaulichen
Differenzen fühlte man sich unter seinesgleichen.

Vielleicht hat Eric J. Hobsbawm eben doch Recht, wenn er sagt, dass die Weltrevolution
nie so nahe war wie 1848.

Auf jeden Fall kann man es drehen und wenden wie man will, die Deutschen in
der Schweiz hatten an der Vorbereitung der Demokratiebewegung um 1848 ihren
substantiellen Anteil. Die Schweizer Verlage, die Vermittlung der Absatzwege, die
Schmuggelpfade, das waren eminent wichtige Dinge in jenen Jahren der Zensur in
den deutschen Fürstenstaaten.

Die Revolution fand nicht nur auf dem Schlachtfeld, aber auch nicht nur in den
Plänen „zur Republikanisirung und Revolutionirung Deutschlands" und ähnlichen
Entwürfen statt. Das Gegenteil ist richtig. Um auf guten Boden zu fallen, brauchte es
nicht bloss die Handelnden, sondern auch die Bevölkerungskreise, die der Revolution
, der Republik, laut applaudierend zuriefen. Es brauchte solche, die die Lieder
mitsangen. Nicht mehr als das, aber auch nicht weniger! Diese Ebene der Begeisterung
, vielleicht ist sie bloss die zweite Ebene, ist meines Erachtens nicht minder
wichtig. Darauf konnten die Flüchtlinge in Baselland zählen.

Kann also das Urteil über den Kanton Basel-Landschaft um 1848 ein rundum
positives sein? Liest man Adolf Muschgs „von Herwegh bis Kaiseraugst" aus dem
Jahre 1975, so drängt sich dies auf. Seine Rede galt dem 100. Todestag von Georg
Herwegh. Eben war das Gelände des geplanten Atomkraftwerks Kaiseraugst von der
Volksbewegung der AKW-Gegnerinnen und Gegner besetzt worden. Volksbewegung
gegen Atomkraftwerke und Georg Herwegh? „Mann der Arbeit aufgewacht und erkenne
Deine Macht Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will!" So weit
hergeholt ist die Verbindung nicht.

„Hier stand ein kleines Volk für die Zukunft der grossen Völker", schreibt
Muschg, „indem es in seinen bescheidenen Grenzen die Demokratie verwirklichte,
hob es ein Stück weit die Grenzen des metternichschen Systems auf, wenigstens in
den Köpfen und Herzen."11 Ach, wenn er nur Recht hätte, der Adolf Muschg!
Muschgs Einschätzung ist lobend. Gewiss. Aber war die Baselbieter Asylpraxis
wirklich so grosszügig? Trat man den „Fremden" tatsächlich so offen und begeistert
entgegen? Für die Geschichte der achtundvierziger Revolution mögen diese Fragen
ein Nebengeleise abgeben. Da gibt es gewiss zentralere, wichtigere Momente als den
kleinen Kanton Basel-Landschaft. Aber ich möchte noch ein wenig über die „Fremden
" nachdenken. Und da sind die Schicksale der 48er nicht einfach nur spannende
Geschichten, sondern sie stehen als Beispiele einer Asylpraxis, deren Tradition heute
weitgehend gebrochen ist.

Hätte Georg Herwegh in Baselland gelebt und sich nicht nach Paris auf die Socken

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