Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 52
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0054
Situation sollte das Wegweisen der Flüchtlinge sein. Vor allem die Nähe des unteren
Kantonsteils sollte laut Beschluss des Regierungsrates vermieden werden und so der
Aktionsradius eingeschränkt werden.16 Drängend wurde dieses Problem offenbar im
Herbst 1848 nach dem Ausbruch des zweiten Badischen Aufstandes. Vom 26. September
datiert ein Beschluss des Regierungsrates, der diese Massnahme erstmals
explizit festlegte.17 Die Anführer Struve und Heinzen wären im Falle ihres Auftauchens
auf Baselbieter Boden sofort an die französische Grenze zu bringen. Nach
Baden ausweisen wollte man sie nicht, aber im Baselbiet durften sie nicht bleiben.
Anderen Anführern stellte man zur Auswahl, sich innerhalb von 24 Stunden ins Innere
der Schweiz oder nach Frankreich zu begeben. Angedroht wurde ihnen eine
polizeiliche Ausweisung, wenn sie dieser Verfügung nicht Folge leisten sollten. Um
diese Drohgebärde zu unterstreichen, wurde eine Kompagnie Scharfschützen in
Pikett-Stellung versetzt. Aber die Wegweisung in die oberen, dem Jurakamm nahen
Bezirke des Kantons erwies sich - zumindest für den Herbst 1848 - als ziemlicher
Schlag ins Wasser. Kein einziger Flüchtling bewegte sich ins obere Baselbiet! So
klein war die Ausführungsgewalt des Kantons, dass Polizeipräsident Brodbeck in
einem Schreiben an die Kollegen im Regierungsrat resignierend das Scheitern der
'Aktion oberer Kantonsteil' festhalten musste:18 „Laut den gestern eingegangenen
Landjägerapporten stellt sich heraus, dass keine Flüchtlinge sich in den oberen Theil
unseres Kantons begeben haben, um dorten zeitweilig Aufenthalt zu nehmen." Dazu
muss man auch wissen, dass es im Ganzen knapp 40 Landjäger gab. Das macht dann
auf die 74 Gemeinden des Kantons umgelegt ungefähr einen für zwei Dörfer! Oder
nach der Einwohnerzahl gerechnet, etwa 1 Landjäger auf 900 Einwohnerinnen oder
Einwohner.

Dennoch: Dieser „Rayon von drei Stunden Entfernung gegen die Gränze hin"
hatte einige Zeit Bestand. Gegen Ende des Jahres 1848 begann der Bundesrat vermehrt
in die Flüchtlingspolitik einzugreifen. Anhand der Protokolle über die Sitzungen
des Baselbieter Regierungsrates vom Sommer 1849 ergibt sich, dass der Bundesrat
mit der Asylpraxis der Kantone unzufrieden war und vermehrt Vorschriften,
z, B. in Form von sogenannten Kreisschreiben erliess, um die Asylpolitik in den
Griff zu bekommen. Für die Flüchtlinge bedeutete dies nichts Gutes. So setzte der
Bundesrat am 5. Juli 1849 nochmals die seines Erachtens notwendige Entfernung
herauf. Sie wurde auf nunmehr acht Stunden festgelegt.19 Dadurch - und dies war
das eigentlich Brisante an der Massnahme - fiel der Kanton Baselland ausser „Abschied
und Traktanden". Der Eintritt neuer Flüchtlinge in die Grenzkantone „Bern,
Basel, Solothurn, Waadt, Neuenburg und Genf' sei „unnachsichtlich zu verwehren
".^

Allerdings war dies nicht ganz so einfach zu handhaben, denn die Flüchtlinge
spielten auch ganz geschickt auf dem Klavier des „kleinen Grenzverkehrs". Sie
sprangen zwischen den Gemeinden, bevorzugterweise jenseits und diesseits der
Kantonsgrenzen gelegenen, nach Belieben hin und her. Die Behörden stiessen dann
bei den Nachforschungen ins Leere. Und bis die ganze Sache den Rückweg und den
Umweg über die Behörden des nun vermeintlich verantwortlichen Kantons bewältigt
hatte, waren die Flüchtlinge längst wieder weg, zurück ins Nachbardorf. Die Sache
begann von Neuem.

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