Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 58
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0060
einem großen Teil des übergelaufenen badischen Militärs getragenen dritten Aufstand
, galten vor allem das Kandertal, aber auch das Wiesental als eine „badische
Vend6e":2 „Lörrach und Umgegend war aber die reaktionärste Gegend Badens, in
welcher es sogar später zu einer bewaffneten Konterrevolution kam/*3

Wie läßt sich dieser radikale Wechsel in der Beurteilung - von der kurzzeitigen
Revolutionshauptstadt zu einem Zentrum der Gegenrevolution - innerhalb weniger
Monate erklären? Wie haben die unterschiedlichen Revolutionserfahrungen vom
September 1848 das weitere Verhalten der Menschen im äußersten Südwesten
Badens beeinflußt? Der Revolutionshistoriker Veit Valentin hat nachdrücklich betont
: „Die Nachwirkungen des Struve-Putsches waren viel bedeutender als das Ereignis
selbst."4 Die Erfahrung, daß die sich radikalisierende Revolution „Ordnung,
Eigentum, Autorität jeder All" bedrohte, habe maßgeblich dazu beigetragen, die
Kluft zwischen rechts und links unüberbrückbar werden zu lassen. Dieser allgemeine
Befund ist am lokalen und regionalen Beispiel zu überprüfen. Über die Zeit
zwischen Septemberaufstand und Mairevolution in der Gegend um Lörrach ist bisher
nur wenig bekannt.5 Deshalb soll im Folgenden der Versuch unternommen werden
, die Reaktionen der konservativen und konstitutionellen Revolutionsgegner, der
fortschrittsorientierten Liberalen und der radikaldemokratischen Republikaner auf
den Septemberaufstand in der Grenzregion Lörrach zu skizzieren.6

Der Septemberaufstand 1848 war in der Region Lörrach sehr unterschiedlich wahrgenommen
worden. Amalie Struve, sicher nicht unparteiisch in ihrem Rückblick, sah
sich „als Zeuge der allgemeinen Begeisterung, mit welcher das Volk die neue Freiheitsbewegung
begrüßte. Namentlich konnte ich aus eigener Anschauung erkennen,
daß unter den Frauen von Lörrach und der Umgegend der größte Eifer und die wärmste
Hingebung für die Sache der Freiheit lebte. Nicht blos die jüngeren, auch die älteren
Frauen, selbst Mütter und Großmütter ermuthigten die ausziehenden Freiheitskämpfer
, schmückten sie mit Schärpen und Bändern, fertigten Fahnen und selbst Patronen
an und bewiesen durch Wort und That, daß sie den innigsten Antheil an der
neuen Volksbewegung nahmen. So lange wir in Lörrach verweilten, kamen fast
stündlich bewaffnete Schaaren aus der Umgegend an, welche sich unter den Befehl
der provisorischen Regierung stellten. Selbst manche Leute, welche im Staatsdienste
standen, nahmen Theil an der allgemeinen Begeisterung."7 Ein weiteres Zeugnis aus
dem Umland Lörrachs, die 1855 niedergeschriebenen Erinnerungen des jungen
Land- und Gastwirts Friedrich Rottra aus Kirchen, stützt diese Einschätzung der
ersten Aufstandstage. Als die Nachricht vom bevorstehenden Aufgebot in Kirchen
eintraf, war für Rottras Familie klar: „Du mußt auch mit."8 Etwa 60 Mann der Kir-
chener Bürgerwehr traten an. Wie wenig mit einer schnellen militärischen Konfrontation
gerechnet wurde, macht Rottras Bemerkung deutlich: „Die wenigsten waren
bewaffnet oder nur schlecht, man sagte ihnen, sie erhielten in Freiburg Waffen, wenn
es überhaupt nöthig sey. Im allgemeinen war man der Ansicht, daß man keine Waffen
brauche."9 Euphorie und Siegeszuversicht kennzeichnete die ersten Stationen
des Zuges nach Norden. „Nachmittags ging's nach Müllheim unter Trommelschlag.

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