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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 60
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bäude besetzt. Großherzogliche Beamte und einzelne Revolutionsgegner wurden
verhaftet. Bevollmächtigte der provisorischen Regierung beschlagnahmten staatliche
Kassen, Pferde, Gewehre und Fuhrwerke. Noch am 21. September 1848 begannen
die Revolutionäre mit dem Aufbau eines „republikanischen Heeres". Die
Zwangsrekrutierung vollzog sich in drei Stufen: Reitende Boten befahlen den umliegenden
Gemeinden, alle wehrfähigen Männer zwischen 18 und 40 Jahren nach Lörrach
zu entsenden. Am frühen Morgen des 22. September drohten sie mit dem Standrecht
. Falls die Gemeinden der provisorischen Regierung weiterhin den Gehorsam
verweigerten, traf eine Exekutionsmannschaft im Ort ein, die die Männer durch
Androhung von Gewalt und Todesstrafe zum Mitzug bewegte. Viele schlössen sich
den Zügen nur an, weil sie Sanktionen der provisorischen Regierung befürchteten,
und verließen sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder. An manchen
Orten kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen der Exekutionsmannschaften. Viele
Bürger des Dorfes Feuerbach etwa waren schon vor dem Eintreffen der Revolutionäre
geflohen. Diese drangen in mehrerere Häuser ein, durchsuchten und demolierten
Wohnungen, schüchterten die verbliebenen Einwohner ein. In Badenweiler
drohte eine Mannschaft, den ganzen Ort in Brand zu setzen, falls die junge Mannschaft
nicht mitziehen würde. Eine „republikanische Razzia", notierte der Lörracher
Arzt Eduard Kaiser, der wegen seines dezidierten öffentlichen Eintretens gegen
jeden gewaltsamen Aufruhr einige Zeit als „Volksverräter" inhaftiert gewesen war,
am 26. September retrospektiv in einem Zeitungsartikel. „Man requirierte Personen,
Eigenthum, man preßte und erpreßte, und nur der Frechheit blieb die Freiheit der
Rede. Buben mit nassen Ohren hatten unumschränkte Gewalt, zu binden und zu
lösen. [...] Man sah mit Erstaunen, was 10 Waghälse gegenüber von 100 Zweideutigen
und 1000 Memmen zu leisten im Stande sind. [...] Es war ein gezwungener
Kreuzzug.4413

in.

Gerade solche Erfahrungen bestärkten die konstitutionellen und regierungsnahen
Vaterländischen Vereine in Baden in ihren Bemühungen um eine effektive landesweite
Koordinierung, mit der sie bereits seit der sich abzeichnenden Revolutionswende
im Spätsommer 1848 begonnen hatten. Eine für den 24. September geplante
Versammlung in Baden-Baden mußte zwar aufgrund des Septemberaufstandes im
Oberland verschoben werden. An dem schließlich am 29. Oktober stattfindenden
Treffen waren Vereine aus Karlsruhe, Mannheim, Kandern, Sulzburg, Rastatt und
Baden-Baden vertreten. In den folgenden Monaten bis Mitte Mai 1849 wuchs die
Zahl der Vaterländischen Vereine auf 46 an, meist in den Amtsstädten oder größeren
zentralen Orten gelegen.14 Nicht selten waren es Beamte vor Ort, die mit mehr oder
weniger Erfolg die Gründung neuer Vaterländischer Vereine zu initiieren versuchten.
Wegen ihres der Regierung unter Johann Baptist Bekk gegenüber loyalen Kurses
wurden sie daher auch als „Baptistenvereine" bespöttelt.15 Meist entfalteten die
Vaterländischen Vereine nur wenige Aktivitäten, der 400 Mitglieder zählende Verein
in Karlsruhe versank, so ein zeitgenössischer Bericht des dortigen Polizeiamts,
schnell in „Lethargie".16

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