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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 67
(PDF, 32 MB)
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des Ziel. Um für die Durchsetzung der vom preußischen König Friedrich Wilhelm
IV. abgelehnten Verfassung zu kämpfen, setzte er nicht wie die Volksvereine an anderen
Orten Badens auf die Dominanz über die konstitutionellen Vaterlands vereine,
sondern auf partielle Kooperation. Vor Ort arbeitete er darauf hin, „daß alle diejenigen
, denen es ehrlich um die Durchführung der Reichsverfassung und um nichts
anderes zu thun war, ohne Unterschied der früheren politischen Färbung sich vereinigen
könnten und vereinigen müßten/4 58 Er hoffte, sich in der Empörung über die
Haltung des preußischen Königs, aber auch in der Sorge um eine unkontrollierbare
Radikalisierung der Reichsverfassungskampagne mit den Vertretern des von Eduard
Kaiser geführten Vaterländischen Vereins Lörrach treffen zu können. Tatsächlich gelang
es, am IL Mai 1849 eine Vereinbarung zwischen den beiden Vereinsvorständen
zu erreichen, die vor allem vorsah, sich gemeinsam ..für die Einführung der Reichsverfassung
" einzusetzen und die Streitfrage der anzustrebenden Staatsform in Baden
- konstitutionelle Monarchie oder Republik - auszuklammern.59 Diese nachträgliche
Schilderung Wenners während seines Hochverratsverfahrens im Herbst und Winter
1849/50 wird von einem Bericht des Lörracher Gemeinderates an das Großherzogliche
Bezirksamt gestützt. Dort wurde ausgeführt, der Lörracher Volksverein sei
unter Beteiligung Wenners zwar zunächst gegründet worden, um „die wirkliche oder
vermeintliche Einseitigkeit des Vaterländischen Vereins in einer entgegengesetzten
Richtung auf [zu] heben oder [zu] schwächen. Später bothen sich zu einer gegenseitigen
Annäherung die beiden Vereine die Hand [... J "-60 Auch Eduard Kaiser bestätigte
im Untersuchungsverfahren gegen Wenner diese Darstellung durch eine eidesstattliche
Aussage.61 Bereits im April 1849 hatte er in einem Zeitungsartikel die Demokraten
zu besonnenem Handeln angesichts eines möglichen dritten badischen Aufstandes
aufgefordert und - gemeinsame Interessen andeutend - geschlossen: „[...]
so wie bisher darf nicht manövrirt werden; es ruinirt sonst beide Theile Constitution
nelle und Republikaner."62

Die Annäherung von Volks- und Vaterländischem Verein in der zugespitzen politischen
Situation kurz vor Beginn der Mairevolution ist eine bisher nicht beachtete,
auf die Stadt Lörrach begrenzte Besonderheit, die nur mit den spezifischen Erfahrungen
während des Septemberaufstandes zu erklären ist. Wie weitverbreitet die
Angst vor einer erneuten, unkontrollierbaren Revolution, Vorsicht und Skepsis über
die Erfolgsaussichten eines solchen Weges bei potentiellen Anhängern der Reichsverfassung
nicht nur in der Stadt, sondern auch im Umland Lörrachs waren, macht
die Tatsache deutlich, daß gerade in den südwestlichen badischen Amtsbezirken im
landesweiten Vergleich im Frühjahr und Sommer 1849 die deutlich geringste Zahl an
Volksvereinen gegründet wurde. Im Kreisverein Lörrach, einem von acht Kreisvereinen
der badischen Volksvereinsorganisation, dessen Sitz vielleicht auch wegen der
gemäßigten Haltung des Lörracher Ortsvereins bald nach Zell im Wiesental verlegt
wurde, waren bis Ende April 1849 lediglich 18, bis Juli 1849 nur 19 von insgesamt
544 Volks vereinen entstanden.63

Daraus läßt sich jedoch nicht ohne weiteres schließen, in der Region Lörrach sei
die Bereitschaft, sich für die Sicherung und Fortschreibung der Grundrechte einzusetzen
, sehr viel geringer gewesen als in anderen Regionen Badens, Vieles spricht
eher dafür, daß negative Erfahrungen mit der Radikalisierung während des Septem-

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