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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 72
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Ortschaften ist zum Teil landesverräterisch und wird durch die Wühlereien volksfeindlicher
Männer unterhalten. Gestern besuchten Emissäre der Pfaffen» und Fürstenpartei
einzelne Ortschaften, um die wehrpflichtige Mannschaft des ersten Aufgebots
vom Besuch der heute stattgehabten Revue abzuhalten, was ihnen auch zum
Teil gelungen ist,"98

Am 5. Juni 1849 lehnten es die Gemeinderäte von Kandern, Wollbach, Holzen,
Mappach, Hertingen, Tannenkirch und Riedlingen ab, dem Lörracher Zivilkommissär
den Eid zum Gehorsam auf die provisorische Regierung zu leisten. Wegen Nachlässigkeit
im Vollzug der Aufstellung und Bewaffnung der Volkswehr wurden Bürgermeister
von acht Gemeinden ihres Amtes enthoben, bei sofort angesetzten Neuwahlen
jedoch zum großen Teil von den Gemeindebürgern wieder gewählt. Die
Wehrmannschaften von Inzlingen und Lörrach erhielten den Befehl, in mehreren
Gemeinden zur Zwangsrekrutierung zu schreiten. Zum militärischen Zusammenstoß
zwischen revolutionären Truppen und Revolutionsgegnern kam es, nachdem das
Oberkommando der Volkswehr in Karlsruhe am 20. Juni 1849 befohlen hatte, das
erste Aufgebot nach Rastatt zu schicken. Wehrmannschaften aus Riedlingen, Holzen
, Tannenkirch und einigen weiteren Gemeinden weigerten sich, mitzuziehen. In
einem Gefecht mit einer revolutionären Exekutionsmannschaft unter Oberst Raquil-
liet aus Freiburg kamen am 24. Juni 1849 der Freischärlerhauptmann Keller aus
Wien und der junge Holzener Bürgerwehrmann Johann Friedrich Silbereisen ums
Leben. Tags daraufkam eine wesentlich größere Exekutionsmannschaft von mehreren
hundert Mann, mit Kanonen bewaffnet, nach Riedlingen und Kandern, um gegen
die politischen Köpfe des konterrevolutionären Aufruhrs vorzugehen. In Riedlingen
verbreiteten die Revolutionäre Angst und Schrecken, schlugen Türen und Fenster
ein, drangen in die Häuser, drohten den Bewohnern, Anführer der gegenrevolutionären
Bewegung, darunter Bürgermeister Schanzlin, wurden verhaftet, drangsaliert
und mit dem Tod bedroht. Die Wehrmannschaft mußte schließlich ausmarschieren
."

In der unmittelbaren Umgebung Kanderns war es in der Endphase der Mairevolution
zu bewaffnetem Widerstand gegen die provisorische Regierung gekommen.
Kann man deshalb schon von einem Zentrum der Konterrevolution in der Grenzregion
Lörrach sprechen? Ein zeitgenössischer Beobachter, der bereits mehrfach erwähnte
Basler Landjägerkommandant Gottlieb Bischoff, berichtete Ende Juni 1849
von den nach Basel gekommenen „Flüchtlingen der wohlhabenden Markgräfler
Klasse": „Im rothen Löwen hatten die Bürgermeister (welche sich geflüchtet, wie
ungefähr der Primus einer Pädagogiumsklasse, wenn diese einem einen Streich zu
spielen vorhat) zusammen table d*höte. Es werden auf der Straße & sonst von Einzelnen
bedeutend lebhafte Reden gehalten, wenn die Sachen im Unterland so stehen,
so müßte man heim & zeigen, wer Meister sei4'.100 Die Chancen einer solchen gegenrevolutionären
Aktion veranschlagte Bischoff in Kenntnis des demokratischen
Potentials in der Region jedoch als äußerst gering: „Daß es, wie man hier sagt, im
Markgräfischen eine Contrerevolution gebe, wenn die Aufständischen ohnedieß geschlagen
sind, würde uns zwar für die Grenzbewachung angenehm sein, ist aber bei
der Charakterlosigkeit unserer nächsten Nachbarn durchaus nicht annehmbar."101

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