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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 109
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0111
chen Wahlrechts verzerrte Meinungstest zur Frage dessen, was die Mehrheit der
Deutschen politisch will. Von einer Mehrheit waren die Republikaner weit entfernt.
Das trifft natürlich das zweite Argument der Schaffhauser Zeitung, das sie zur Verteidigung
der republikanischen Aktion ins Feld führte. Eine eindeutige Manifestation
zugunsten der Monarchie, so die Schaffhauser Zeitung, habe zum Zeitpunkt des
Heckerzugs nicht vorgelegen. Es habe viele Sympathien für die republikanische
Sache gegeben. Und wäre, fragt die Zeitung weiter, den Republikanern im Fall eines
Sieges nicht von der Mehrheit zugejubelt worden? Beide Parteien, die Republikaner
und die Monarchisten, seien über die Haltung der Masse im Unklaren gewesen, deshalb
sei das Wagnis der Republikaner legitim gewesen. Vorderhand habe das monarchische
Prinzip gesiegt. Es werde sich auch solange behaupten, „bis der einzelne
Mann des Volkes sich gewöhnt, selbständig zu denken und zu handeln und nicht Andere
für sich denken und handeln zu lassen44.49

So unklar, wie die Schaffhauser Zeitung die Kräfteverhältnisse darstellt, waren sie
aber sicher nicht. Bestenfalls im Seekreis und in einigen anderen Regionen Badens
konnte man in den Volksversammlungen ein anderes Bild gewinnen.50 Und selbst die
Mehrzahl der Republikaner im Seekreis hielt die Einführung einer reinen Republik
für wenig realistisch, so sehr sie das vielleicht bedauerten. Der Heckerzug war auch
keine Notwehrreaktion auf eine Bedrohung der Redefreiheit für die Republikaner.
Daß Redner, die sich in den Volksversammlungen im Seekreis verbal für die Republik
eingesetzt haben, direkt verfolgt worden wären, geht aus keinem der Berichte
hervor. Allerdings stand sicher mancher Prozeß gegen Zeitungsredakteure indirekt
damit im Zusammenhang. Insgesamt gesehen konnte jedoch der republikanische
Gedanke in den März- und Apriltagen des Jahres 1848 nahezu ungehindert verbreitet
werden. Beim Heckerzug lassen sich in der Durchführung, nicht in der Zielsetzung
, Widersprüche zu republikanischen Grundsätzen nicht ganz übersehen.

Er war aber auch inopportun. Wie unglücklich der gewählte Zeitpunkt der Aktion
war, geht schon daraus hervor, daß fast zur gleichen Zeit im westlichen Bodenseeraum
die Wahlen zur Nationalversammlung stattfanden. Heckers Zug wäre in dem
Moment „richtig'' und möglicherweise auch erfolgreich gewesen, wenn mehrere
deutsche Staaten die Wahlen zur Nationalversammlung boykottiert hätten. So aber
richteten sich alle Hoffnungen, auch die der demokratisch-republikanisch orientierten
Linken um Robert Blum, auf die Nationalversammlung. Ganz anders verhält es
sich mit der Legitimation der Auseinandersetzungen im Jahr 1849.

Letztlich waren die materiellen und sozialpsychologischen Strukturen aus den ab-
solutistischen-feudal-patriarchalen Zeiten noch so gegenwärtig und wirkungsmächtig
, daß der Republik die Grundlagen fehlten. Das belegt eine kleine Geschichte aus
dem Oberschwäbischen Volksblatt.51 Unter „Politische Reife" heißt es dort: „Ein
Landpfarrer examinierte seine Schulkinder aus dem Gebiet der vaterländischen Politik
. Wer wird, fragte er: wenn der König gestorben ist, sein Nachfolger? Ha, der
Hecker! Riefen die Kinder,"

Hecker war wie in dieser Geschichte für viele die patriarchale Vaterfigur, die stellvertretend
schon alles, nur besser als der König oder der Großherzog, für einen richten
wird.

Ein Bericht der Thurgauer Zeitung vom 19. April 1848 bestätigt diese Einschät-

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