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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 114
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der Bevölkerung auch ein rascheres, reizbareres Blut erzeugen, was man im Leben
derselben öfters mit Bedauern bemerkt. Doch hat das Toben und Lärmen in den
Wirthshäusern, die Händel- und Raufsucht der Jugend seit neuerer Zeit erfreulich abgenommen
und einem nüchterneren, ruhigeren, männlicheren Benehmen den Eingang
verstattet." Worauf er diesen Umschwung zurückführt, verrät uns der Beobachter
allerdings nicht. Da uns weiter unten auch Schwarzwälder begegnen werden, sei
der Vollständigkeit halber auch ihre Charakterisierung durch denselben Autor zitiert,
der in zunehmender Meereshöhe offenbar auch eine reinere Gesinnung vermutete:
„Die Bewohner der Vorhöhen und Thaleingänge, welche noch größtentheils Ackerbau
treiben, neigen sich auch mehr dem Genußleben des Flachländers zu; sparsamer,
mäßiger und reinlicher sind schon die Bewohner der Höhen und inneren Thäler, wo
bekanntlich Viehzucht und Holzhandel getrieben werden; vorherrschend nüchtern
und sparerisch in ihrem sittsamen, stillen und sinnigen Wesen sind aber die Bewohner
des schwarzwäldischen Hochlandes,.."6

In den folgenden Ausführungen sollen für einzelne Facetten des regionalen Trinkverhaltens
um 1848/49 Tiefenbohrungen angestellt werden, wobei allerdings kein
Anspruch auf Repräsentativität oder gar Vollständigkeit erhoben werden kann und
soll.7 Zunächst geht es um die Form, in welcher die Volksdroge Alkohol damals eingenommen
wurde, danach kommen kurz die Orte des Konsums mitsamt ihren Betreibern
in den Blick, bevor für einzelne revolutionäre Aktionsformen und deren spätere
Deutung die Rolle des Alkohols diskutiert werden kann.

Weinland Baden?

Bereits bei der Frage, was die Bewohner der Region seinerzeit tranken, läßt uns die
Forschung weitgehend im Stich. Noch in den jüngsten wissenschaftlichen Arbeiten
zum Alkoholkonsum spiegeln sich fast ausschließlich norddeutsche Trinkmuster
wider. Die bereits in einer eindringlichen Pionierstudie zum Trinkverhalten Hamburger
Arbeiter eingeforderten8 vergleichenden Untersuchungen sind bis heute weitgehend
ausgeblieben, was zu äußerst undifferenzierten Aussagen über die „deutschen
" Verhältnisse führt. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts wird dann zumeist
dargestellt als Periode des Kartoffelbranntweins, welcher als billiges Genußmittel
mit schneller Wirkung den Unterschichten über Notsituationen wie Nahrungsmangel
hinweghalf. Bier und Wein dagegen seien „Getränke der oberen gesellschaftlichen
Gruppen" gewesen,9 was sicherlich nicht nur an den bayerischen Verhältnissen vollkommen
vorbeigeht. Auch die relativ neue Anthologie „Der deutsche Durst" präsentiert
Weintrinker für den uns interessierenden Zeitraum lediglich als gutsituierte
Opfer, die nach dem Genuß eines durch preußischen Kartoffelsprit angereicherten
Produkts eine „wüste Eingenommenheit des Kopfes" beklagen.10

Was Weinfälscher durch solche und ähnliche Zutaten zu erzeugen vorgaben,
waren renommierte Qualitätsprodukte von Rhein und Mosel bzw. aus Frankreich
oder Italien. Im deutschen Südwesten hatte man demgegenüber ein Image- und Absatzproblem
. So ging zwischen 1837 und 1846 die Rebfläche in ganz Baden um
12,2 % zurück. Von diesem generellen Trend, der bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts
andauern sollte,11 machte der Oberrheinkreis im Vormärz allerdings eine Ausnahme,

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