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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 116
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hunderts.19 Vor 150 Jahren fand die Bierproduktion zumeist noch in Einmannbetrieben
statt, wie auch Hansjakob für die Landstädte jener Zeit bemerkt: „Wenn ein
Brauer einen Kessel mit 200 Maß [300 Liter, NM] hatte, so war das schon viel, und
dieses Quantum, das ihm für Wochen reichte, konnte er allein zusammenkochen."20
Da der Brauprozeß seinerzeit noch nicht vollständig beherrschbar war und die Meister
des Faches manche Kunstgriffe gerne für sich behielten, dürfte sich für unsere
Region der Siegeszug des untergärigen Bieres wohl nur selten anhand von Quellen
nachweisen lassen.21 Bei der Beschreibung einer zu verkaufenden Schopfheimer
Brauerei wurde im August 1848 allerdings ausdrücklich erwähnt, daß diese „ganz
nach bairischer Art eingerichtet"22 sei. Die Bezeichnung bairisches bzw. echtes Bier
ist in jenen Jahren ein eindeutiger Hinweis auf das untergärige Brauverfahren,23 das
sich im Südschwarzwald früher als andernorts durchsetzte.24

Eine Verbesserung der Bierqualität wünschten Anhänger der insbesondere in
Norddeutschland erfolgreichen Mäßigkeitsbewegung damals vor allem aus gesundheitspolitischen
Gründen. Nicht der „gute" Wein war es, den der Gerstensaft seinerzeit
verdrängen sollte, sondern der „böse" gebrannte Alkohol. In Weinorten bot sich
die Brennerei zur Nutzung des Tresters an, während in anderen Gemeinden Kirschwasser
und ähnliche Produkte hergestellt und vor Ort wieder verbraucht wurden.
Einer derartigen nutzbringenden Verwertung landwirtschaftlicher Abfall- und Nebenprodukte
wollten Regierung und Abgeordnete seinerzeit auch keineswegs Steine
in den Weg legen, doch als im Laufe der 1830er Jahre im nordbadischen Raum
größere Brennereien begannen, Kartoffeln bzw. Korn zu verarbeiten, wurden die
Volksvertreter aufmerksam. So sprach der Liberale Adolf Sander 1839 im Landtag
von der Gefahr einer „Branntweinpest", Viele seiner Kollegen hatten von dieser
beunruhigenden Erscheinung bis dahin offenbar noch gar nichts bemerkt.25 Dem
seinerzeit die Ämter Säckingen und Schönau repräsentierenden Franz Joseph Büß,
bekannt als Vorkämpfer des politischen Katholizismus, war die Problematik der
hochprozentigen Getränke hingegen vertraut. Ihm paßte jedoch die von den Mäßigkeitsbewegten
propagierte Ersatzdroge nicht. Sogar als Vertreter eines Wahlkreises,
in dem nach seiner eigenen Aussage statt Trauben Tannenzapfen wuchsen, gab es für
den aus dem Weinstädtchen Zell stammenden Politiker keine Alternative zum Rebensaft
, denn „das Bier macht stumpf und träge, der Schnapps aber, der besonders
im Schwarzwald getrunken wird, ist ein wahrer Leib- und Seelenmörder".26 Der
Mörder schlich in Baden allerdings im Verborgenen, da seine Herstellung statistisch
nur unzulänglich erfaßt werden konnte, und die Regierung gar nicht danach strebte,
jeden bäuerlichen Brennapparat lückenlos zu überwachen.27 Karl Theodor Welcker
meinte 1840 jedenfalls: „In den Städten ist das Branntweintrinken weniger gefährlich
, weil da die Leute mehr Bier und Wein trinken."28

Die von dem am Rastatter Hofgericht tätigen Abgeordneten Sander offenbar rezipierte
Mäßigkeitsliteratur dürfte im Breisgau eher selten gelesen worden sein, auch
wenn sich im Nachlaß des seinerzeit in Pfaffenweiler tätigen Pfarrers von Kleiser die
einschlägige in mehreren Auflagen verbreitete Schrift Das Hauskreuz fand.29 Ihr
Verfasser, der im Königreich Hannover wirkende evangelische Pastor Johann Heinrich
Böttcher, vertrat - wie die meisten seiner Mitstreiter im deutschen Raum - die
Meinung, daß Bier und Wein keine so schädlichen Auswirkungen hätten wie

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