Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 125
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1999/0127
Rebland Baden.90 Friedrich Engels, der im Juli 1849 mit den geschlagenen Freiheitskämpfern
als einer der letzten in die Schweiz zog und das Vorgefallene mit
ätzendem Spott bedachte, sprach nur in bezug auf die Pfälzer Ereignisse von „ge-
müthlichen Schoppenstechern, die über Nichts mehr erstaunt waren, als daß sie
plötzlich die provisorische Regierung ihres bacchusgeliebten Vaterlandes vorstellen
sollten". Dort habe man sich für einige Wochen „endlich einmal die schwerfälligen,
pedantischen altbairischen Bierseelen vom Halse geschafft",91 Dieses oft zitierte
Urteil wird natürlich auch vonWegert herangezogen.92 Die badischen Revolutionäre
fertigte Engels schärfer ab. Ihr Ideal sei das „der föderirten Tabak- und Bier-Republik
"93 gewesen, in der alle Extreme ängstlich vermieden werden sollten. Und auch
Heinrich Hansjakob schrieb später über „Badenser, Schwaben und Bayern" (in dieser
Reihenfolge!): „Die Herren Preußen können sich gratulieren, daß wir, ihre südlichen
Brüder, so gerne Bier trinken; denn davon und von nichts anderm kömmt jene
Gemütlichkeit, in der wir so gerne folgen und uns von ihnen so vieles gefallen lassen
. [...] So hoch das Bier über dem norddeutschen Fusel steht, ebenso hoch ragt unsere
Gemütlichkeit über die der Norddeutschen hervor." Ja sogar die revolutionslustigen
Nachbarn jenseits des Rheins glaubte Hansjakob mit Gerstensaft ruhigstellen
zu können: „Hätte jeder Franzose billiges Bier, so würden in kurzem der französische
Elan und der Geist der Revolution der schwäbischen Gemütlichkeit weichen
und die süddeutsche Nationalhymne von der Zufriedenheit würde ins Französische
übersetzt werden, um die Marseillaise zu ersetzen."94 Und auch der Branntwein
taugt nach Friedrich Engels nicht zum Revolutionieren, wie sich schon im Anschluß
an die französische Julirevolution gezeigt habe: „Es ist sogar fraglich, ob nicht die
Dumpfheit, in der speziell die norddeutschen Arbeiter die Ereignisse von 1830 über
sich ergehen ließen, ohne davon berührt zu werden, großentheils dem Schnaps zu
danken ist, der sie damals mehr denn je beherrschte. Ernstliche und besonders erfolgreiche
Aufstände kamen nur in Weinländern oder in solchen deutschen Ländern
vor, die sich durch Zölle vor preußischem Schnaps mehr oder weniger geschützt hatten
. Es wäre nicht das einzige Mal, daß der Schnaps den preußischen Staat gerettet
hätte."95

Um zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurückzukehren: Auch wenn die
Vermutung, daß in Baden „bei handwerklichen Traditionen und einem liberalen politischen
Klima nur äußerst geringe Mengen von hochprozentigen Getränken konsumiert
wurden",96 den Hausbrand außer Acht läßt, dürfte sie zumindest für den Alkoholgenuß
in Schankbetrieben zutreffen, Südbadens Revolutionäre als erprobte Wein-
und beginnende Biertrinker waren zu jener Zeit vielleicht nicht immer ganz nüchtern
, aber durchaus noch verhandlungsfähig und an schriftlicher und mündlicher
Information interessiert. Gerade die jungen „Feuerköpfe" konnten es sich kaum leisten
, die Volksbewegung mit roten Nasen anzuführen und genossen bei ihren politischen
Diskussionen vorzugsweise das Modegetränk Bier, Ein gutes Jahr nach seiner
erzwungenen Auswanderung war für Diakon Eisenlohr aus Emmendingen nicht
etwa der heimische Wein, sondern das Bier des Brauers Stuck Anlaß, seine Gedanken
aus dem sonnigen Texas „nach dem michelländischen Emmendingen schweifen
"97 zu lassen. Insofern gelang den Zeichnern eines 1998 erschienenen Revolutions
-Comics wahrscheinlich eine bessere Annäherung an den hiesigen Revolutions-

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