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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 155
(PDF, 32 MB)
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meinde wie jede andere, vereinte sie doch drei Religionsgemeinschaften in einem
Ort, zwei von ihnen™ Katholiken und Protestanten - sogar unter einem Dach in einer
Simultankirche. Die dritte Gruppe der Juden war seit dem 17, Jahrhundert hier ansässig
. Eine wahrhaft ungewöhnliche Zusammensetzung, bemerkte der Amtmann
bei der Ortsbereisung 1852: 1142 Personen gehörten zur katholischen Pfarrei, 1029
zur evangelischen Pfarrei Kippenheim. Dazu kamen 172 Israeliten, die in der Bezirkssynagoge
Schmieheim beheimatet waren. Sie waren allerdings nur Schutzbürger
, besaßen also nicht das volle Bürgerrecht. Seit 1793 hatten sie eine eigene
Synagoge, und als diese baufällig wurde, erhielten sie 1849 (!) die Genehmigung
zum Bau einer neuen Synagoge einschließlich eines Frauenbades, Die jüdische Gemeinde
verfügte über eine eigene Schule wie die anderen Religionsgemeinschaften
auch.

Dieses konfessionell gemischte Dorf wurde nun ebenfalls von Unruhen erfaßt, die
das bisherige Sozialgefüge empfindlich stören sollten.

2. Unruhen im Vorfeld

Die vierziger Jahre stellten in vielerlei Hinsicht eine Zeit des Umbruchs dar. Die soziale
Lage hatte sich durch den zunehmenden Bevölkerungsdruck und die dadurch
knapper werdenden Ernährungsressourcen verschlechtert. Alternative Verdienstmöglichkeiten
gab es kaum, da die Industrialisierung noch in ihren Anfängen
steckte. Die Zehntablösung machte den Bauern zu schaffen, reichte doch der bisher
abgelieferte Zehnt in Kippenheim nicht zur Rückzahlung aus. Die Ablösungssumme
betrug immerhin 3.349 Gulden für die 414 Familien.8

Nachdem es bereits Anfang der dreißiger Jahre zu einem akuten Mangel an Nahrungsmitteln
gekommen war, lösten mehrere schlechte Ernten durch nasse Witterung
und eine Kartoffelkrankheit 1845/46 eine Hungersnot aus. Die Grundnahrungsmittel
stiegen erheblich im Preis, die Kleinbauern mit ihrer Subsistenzwirtschaft konnten
weder Getreide noch Futter bezahlen. In Kippenheim gründete man daher 1847 eine
„Privatsuppenanstalt zur Unterstützung der Armen".9 Die schwierige materielle Situation
der Kleinbauern und der arbeitslosen Handwerker dieses Realteilungsgebiets
führte zu einem Anstieg des revolutionären Potentials.

Auf politischer Ebene herrschte bald Resignation, bald Aufbegehren. Die in der
badischen Verfassung versprochene Liberalisierung war nicht eingetreten, im Gegenteil
: Statt Reformen gab es Restriktionen. Die Kippenheimer Bürger hatten schon
rebelliert, nachdem die liberalen Errungenschaften im Gefolge der Pariser Julirevolution
durch die 1832 einsetzende Reaktionszeit zunichte gemacht wurden. Einige
von ihnen trafen sich in „heimlichen Bürgerversammlungen" und diskutierten über
die von der Regierung verhängten reaktionären Maßnahmen.10 An vielen Orten
wurde die Vereinsbewegung zu einer politischen Massenbewegung der Unzufriedenen
. Auch das Versammlungsverbot konnte die Politisierung der breiten Masse nicht
verhindern; im Untergrund schwelte das Feuer weiter. Selbst auf Gemeindeebene
machte sich die allgemeine Mißstimmung spürbar: 1845 waren die Kippenheimer
mit der Spitze der Gemeindeverwaltung unzufrieden. Man munkelte, daß es bei den
Wahlen nicht mit rechten Dingen zuginge. Der die Gemeinde bereisende Amtmann

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