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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 157
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Rahmen. Die Interimsphase vor der Neuwahl der Abgeordneten der Zweiten Kammer
wurde nämlich von etlichen Bürgern zu einer neuerlichen Petition genutzt, in
welcher die deutsche Einheit und die Errichtung einer deutschen Nationalkammer
gefordert wurde. Am 29. Januar 1846 unterschrieben auch Bürger aus Kippenheim
diesen Antrag: Kronenwirt Burger, der Kaufmann Lambert Alexander Erdin, Apotheker
Dung - alle drei Katholiken - sowie die Protestanten und Gemeinderäte Johannes
Baum und Karl Wagner.14 Wohl keiner von ihnen ahnte, daß die Regierung
ihr Engagement sehr wohl registrierte, allerdings negativ.

Das Interesse an den politischen Ereignissen war vorhanden, aufmerksam wurden
die Auseinandersetzungen zwischen der konstitutionellen und der radikalen Richtung
verfolgt. Man war sich einig: Auf politischer Ebene mußte und würde auch
etwas geschehen. Das zeigte schon die politische Mobilisierung der Kippenheimer
Bürger auf Versammlungen. Flugblätter, Karikaturen und Liederhefte waren im Dorf
in Umlauf, welche die Unruhe weiter schürten. Einzelne Berufszweige waren
zwangsläufig stärker vom politischen Geschehen tangiert: Die Buchdrucker und
Buchbinder übernahmen den Druck solcher Schriften, von den Wirten wurden sie in
den Gasthäusern unters Volk gebracht.

3. Gasthäuser als Umschlage- und Versammlungsplatz

Die Gaststuben waren nicht nur Treffpunkt für Dorfbewohner, sondern auch für Bürger
aus Nachbardörfern und für Durchreisende. Sie waren daher besonders geeignete
Anlauf stellen und Versammlungsorte. In Kippenheim befanden sich Mitte des 19.
Jahrhunderts sechs Wirtschaften, die „schon seit urdenklichen Zeiten" bestanden:
der „Adler" unter Wirt Franz Anton Stulz, der „Rindsfuß" unter Baptist Stigler, der
„Anker" im ehemaligen Kloster Ettenheimmünster, von der Witwe Johann Wagners
geführt, der „Engel" unter Theresia Stulz, der „Ochsen" unter Nepomuk Elison und
die „Krone", auf welcher Ludwig Burger seit 1833 saß. Außerdem gab es eine Bier-
und Branntweinwirtschaft mit eigener Brauerei. Sie lagen alle „an der sehr frequentierten
Landstraße von Frankfurt nach Basel, welche daher immer einen starken
Fremdenbesuch veranlaßt". Eine „Judenwirtschaft", der „Hirschen", existierte ebenfalls
seit etwa 1805, Sie wurde von Michael Cerfs Witwe bzw. später von deren Sohn
Nathan Cerf betrieben.15

Einige dieser Gasthäuser übernahmen zentrale Aufgaben in dieser medienaraien
Zeit, in der mündliche Berichterstattung eine große Rolle spielte, und zwar nicht nur
als Vertriebsstelle von Schriften und als Versammlungsort, sondern später auch als
Unterschlupf für Flüchtlinge. In dem engmaschigen Verbundsnetz der Wirtshäuser
fanden die wegen Hochverrats Gesuchten einen Zufluchtsort, vor allem auf der
linksrheinischen französischen Seite, z. B. beim Sonnenwirt in Rhinau/Rheinau. Wer
untertauchen wollte, mußte sich nicht einmal Gedanken um das nötige Geld machen
- gleichgesinnte Freunde stifteten die Mittel zum Unterhalt der Geflüchteten.16 Nach
Ausrufung des Kriegszustandes - ab 14. Juli 1849 - ließen daher die preußischen
Militärbehörden jedes Gasthaus schließen, in dem der Wirt Diskussionen über die
Grundsätze von Republikanern und Demokraten geduldet hatte, da dies eine „Verhöhnung
des Gesetzes" darstelle. Solche Debatten wurden vor allem bei den Ver-

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