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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
118.1999
Seite: 158
(PDF, 32 MB)
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Sammlungen der Vereine geführt. Am Volksverein von Kippenheim kann man erkennen
, wie leicht es war, die breite Masse zu aktivieren, wenn ein fähiger Kopf wie der
Apotheker Dung an der Spitze stand. Nicht umsonst rekrutierten sich mehr als die
Hälfte der Abgeordneten zur Verfassunggebenden Versammlung aus den Volksvereinen
.17

In Burgers Kronenwirtshaus tagte der Kippenheimer Volksverein, eine Nachfolgeorganisation
des im Mai 1848 verbotenen Vaterländischen Vereins.18 Burger war
selbst Mitglied des Volksvereins, wie überhaupt die Gastwirte überproportional
darin vertreten waren.19 Schon in den dreißiger Jahren hatten hier „heimliche Bürgerversammlungen
" stattgefunden, die auf Anweisung des Bezirksamts wegen ihrer
politischen Zielsetzung gesetzlich verfolgt wurden. 1838 wurde dann die Casino-
Gesellschaft gegründet, die später in eine Lesegesellschaft umgewandelt wurde. Ob
der Volksverein eine Fortsetzung derselben darstellt, ließ sich nicht feststellen. Die
Casino-Gesellschaft tagte jedenfalls auch etliche Jahre im Kronenwirtshaus.20 Burger
bewegte sich demnach schon seit vielen Jahren auf dem politischen Parkett. Enge
Beziehungen unterhielt er zu einem der exponierteren Revolutionäre, dem Engelwirt
und Buchbinder Johann Nepomuk Winkler aus Grafenhausen, wenige Kilometer
westlich von Kippenheim. Winkler war politisch sehr interessiert, gebildet und belesen
; im Ettenheimer Bezirk spielte er eine herausragende Rolle. Als „Ultraradikaler
", wie ihn der Grafenhauser Pfarrer bezeichnete, verfaßte und verbreitete er gegen
die Regierung gerichtete Schriften. Schon Jahre vor dem Ausbruch der Revolution
unterhielt Winkler mit anderen Kritikern der politischen Verhältnisse enge Kontakte.
Burger und Winkler kannten sich seit langem, vieles verband sie miteinander. Sie
führten nicht nur beide ein Gasthaus, sie gehörten auch beide zu den wohlhabendsten
Bürgern mit dem höchsten Steuerkapital. Winkler wies nicht von ungefähr kommunistische
Tendenzen weit von sich - seine bürgerlichen Vorrechte und seinen Besitz
wollte er sich nicht nehmen lassen. Der Kommunismus erschien ihm wohl eher als
Schreckgespenst denn als wünschenswerte Zukunftsvision. „Ich bin ein Feind aller
Communistischen Grundsäze und zwar deshalb, weil ich diese Grundsäze von vornherein
für verderblich, ja sogar für unvernünftig halte und weil überdies ich nicht zu
den sogenannten Proletariern gehöre und es in meinem eigenen Interesse liegt, daß
diese Tendenzen keine Wurzel fassen." Bereits 1846 wurde er wegen seiner politischen
Ansichten in Gewahrsam genommen und verhört. Er kämpfe für eine freiheitliche
Verfassung, argumentierte er, er liebe den Fortschritt, repräsentiert durch die
Kammern und auf dem Wege der Konstitution.21 Redegewandt und in geschliffener
Sprache betont er immer wieder, daß dieser Fortschritt ja „ursprünglich" durch die
Verfassung zugesichert worden sei, und weist damit implizit auf das Scheitern der
einst vielbewunderten freiheitlichen Verfassung Badens hin. Dieses Bekenntnis zur
Verfassungstreue schließt allerdings nicht aus, daß Winkler eher zu den (radikalen)
Demokraten gehörte - was sagt man nicht alles zu seiner Verteidigung!

Winkler war schon 1842 dem Bezirksamt wegen Verbreitung verbotener Schriften
aufgefallen. Anfang Januar 1846 machte eine Karikatur von ihm die Runde und zwar
„über die Vorfälle, welche in Mannheim im sogenannten Aulasaal stattgehabt haben
und worauf vorzüglich die Großherzoglichen Behörden, Regierungsdirektor Schaaf
und andere auf höchst spöttische Weise bezeichnet seyen", wie es in der Anklage

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