Freiburger historische Bestände - digital

gewanderten Turner namens Roman Schweizer befand sich im Jahre 1860 noch in
London. Bis dahin war über den Verbleib der Fahne des Turnvereins nichts bekannt
geworden. Fabrikant Carl Mez traf um diese Zeit zufällig in London mit obigem
Schweizer zusammen, und letzterer erwiderte auf die an ihn gerichtete Frage nach
dem eventuellen Aufenthaltsort der Fahne» daß solche in den schweizerischen Waffensammlungen
zu finden sein müsse. Nach seiner Rückkehr nach Freiburg schrieb
Mez im Auftrage des damaligen Turnrates an die Waffendepots in Luzern, Zürich
und Winterthur, in welch letzterem die Fahne endlich aufgefunden wurde."26 Im
gleichen Jahr, am 2. Juni 18605 wurde der Turnverein neu gegründet. Das Bezirksamt
erlaubt das Aufhängen der Fahne im Vereinslokal, aber nicht bei öffentlichen Anlässen
, denn sie habe sich „im Kampf gegen die bestehende Staatsordnung befunden".
Später wird die von einem Streifschuß am Schaft gezeichnete Fahne stillschweigend
doch wieder zu gesamtdeutschen Turnfesten nach Frankfurt und Leipzig mitgenommen
und gezeigt. Nach 1945 ging die Fahne endgültig verloren.27

„Münstergeneral" Georg von Langsdorff gelang die Flucht nach Amerika und er
blieb auch in seinem Exil der Turnerei treu. In Cleveland, seinem dritten und letzten
Aufenthaltsort in den USA, war er im Vorstand des dortigen Turnvereins. Kaum wieder
in Deutschland, was auf Grund einer Amnestie 1860 möglich wurde, beteiligte er
sich wieder an Turnfesten und freute sich über den obligatorisch gewordenen Turnunterricht
in den Schulen, der „die Rekruten zu gelenkigen, kräftigen und ausdauernden
Soldaten" machte. Nach seiner Rückkehr nach Freiburg war Langsdorff
selbstverständlich wieder dem dortigen Turnverein auf das Innigste verbunden, Dies
blieb bi s in das hohe Alter so. Mehrfach wurde der Veteran hoch geehrt, was ihn nach
eigenen Aussagen fast ein wenig in Verlegenheit brachte: „Am meisten erfreute ich
mich der Anhänglichkeit meiner Turner, die mir übertriebene Ovationen an meinem
90. Und 91. Geburtstag und beim 11. Oberrheinischen Kreisturnfest vom 3.bis 5.
August 1912 darbrachten. In dieser Festschrift war ich ganz erstaunt, mit der Photographie
des Großherzogs von Baden auch meine zu finden. Wer hätte das für möglich
gehalten, nachdem ich 64 Jahr früher dem Standrichter durch Schicksalsfügung
entwischte, jetzt 1912 mein Bild mit dem des Großherzogs in einem Festhefte erschien
und ich auf der Tribüne mit seiner Hoheit eine lange Unterredung haben
würde. Aber so wechselt der Geist des Fortschritts."28

Anmerkungen:

1 Georg von Langsdorff: Die Entstehung des Turnens in Freiburg in Baden und seine Bedeutung im
Jahr 1848. In: Deutsche Turnzeitung 1895, Nr. 48.

2 Ebd.

3 Ebd.

4 StAF, B17 /II, Nr. 5: 215 und: Siebenunddreißig Jahre aus dem Leben eines Exilierten. Ein fluch
tiges Lebensbild von Karl Heinrich SchaiWe zum Andenken für deutsche und englische Freunde.
Stuttgart/London 1895.

5 Vgl. Ulrike Rödling/Heinz Siebold: Der MünstergeneraL Menschen und Ereignisse. Freiburg in
der Badischen Revolution 1848/49. Lahr 1998, S. 51 ff.

6 von Langsdorff (wie Anm. 1).

t Generallandesarchiv (GLA) 236/8535.

8 GLA 236/8535: 251,254.

9 GLA 236/8525: 251.

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