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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 184
(PDF, 59 MB)
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stungsvermögen der einzelnen Professoren, was wiederum über deren weitere Karriere
entschied.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts unterlag die Schule einem zunehmenden Säkula-
risierungsprozess. Im Lehrerkolleg sank der Anteil der Geistlichen. Es hat deshalb
geradezu symbolische Bedeutung, wenn 1848 - und damit zur Jahrhundertmitte hin

- mit Dr. Nokk erstmals ein Laie Direktor des Lyzeums wurde. 1857, nach dem Tode
des Professors von Hirscher, ging das Amt des Ephorus ebenfalls an einen Laien, an
den Stadtdirektor Faller. Den Rest besorgte dann der badische Kulturkampf: Nachdem
die geistliche Schulaufsicht im Jahre 1860 per Gesetz beendet wurde,119 hörte
auch das Freiburger Lyzeum auf, katholisch zu sein - hinfort war es staatlich!

Bereits das Gelehrtenschulgesetz von 1836 hatte das Priesterprivileg de jure beseitigt
, indem es gebot, dass „die Lehrer bei Gelehrtenschulen nur aus der Klasse
der geprüften Lehramtskandidaten" zu nehmen seien.120 Das „Examen pro facul-
tate docendi" - nicht mehr Weihe oder Ordination - öffnete hinfort die enge Pforte
zum Stand der Gelehrtenschullehrer. Seine Mitglieder hatten rasch eine „corporate
identity" entwickelt, begünstigt durch den Umstand, dass sie in ihrer Jugend häufig
versetzt wurden und sich deshalb vielfach auch persönlich kannten. In der Abwehr
der Ansprüche von Wirtschaft und Gesellschaft entwickelten sie - je länger
je mehr - eine elitäre Distanz zur Realität. Sie haben die für Deutschland typische
Trennung zwischen Geist und Bildung einerseits und Wirtschaft und Technik andererseits
begründet, zumindest aber vertieft.121 Man hat den Gymnasiallehrern
eine unpolitische Haltung vorgeworfen.122 In der Tat erstaunt ihre oft verächtliche
Distanz zur politischen Gegenwart. Der spätere Freiburger Direktor Franz Leopold
Dämmert gab dafür 1870 in seiner Biographie über den ehemaligen Direktor Dr.
Nokk eine Kostprobe, indem er das Verhältnis seines Helden zu den Führern der
48-Revolution wie folgt beschrieb: „Ihn, der seine republikanischen Vorbilder in
einem biederen, jeder Aufopferung fähigen Aristides, oder einem ernsten, unbeugsamen
Cato zu suchen gewohnt war, konnte die Eitelkeit, Selbstsucht und urtheils-
lose Verblendung der Helden jener Zeit nur abstoßen."123 Es sei Aufgabe des Lehrers
„in den Herzen der Jugend die Liebe zum Vaterlande und zur Freiheit zu
wecken, nicht aber activ an dem leidenschaftlichen Parteigetriebe des Augenblicks
Theil zu nehmen".124 Aber auch Dämmert war weit davon entfernt, den badischen
Philologen Diogenes im Fass als Leitbild zu empfehlen. Denn diese hatten sich
trotz aller Distanz zur Tagespolitik gut in die politische Ordnung ihrer Zeit eingefügt
. Und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gerieten sie - je länger je mehr

- in den hierarchisierenden Sog der Monarchie, was sie schon äußerlich zum
„rocher de bronze" der bestehenden Ordnung machte: Verdiente Schulleiter erhielten
zur Krönung ihrer Laufbahn den begehrten Titel „Geheimer Hofrat". Gelegentlich
avancierte auch einmal ein Professor zum „Hofrat". Seine Kollegen bekamen
, waren sie in die Jahre gekommen, wenigstens den „Orden vom Zähringer
Löwen". Selbst der Schuldiener erhielt dann seine gebührende Auszeichnung: die
badische Verdienstmedaille in Silber.

Nach dem Staatsdieneredikt von 1819 zählten Lehrer an Gelehrtenschulen zu den
„Staatsdienern" und damit - in moderner Terminologie - zu den „höheren Beamten
", während die Völksschullehrer als „niedere Staatsdiener" keine beamtenrecht-

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