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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 220
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zung enthob den Vorsitzenden Richter seines Amtes. Der Leiter der Zentral Verwaltung
der Justiz, Paul Zürcher pochte auf die Unabhängigkeit der Richter und trat
zurück. Erst nachdem ein französisches Gericht die Amnestie für unwirksam erklärt
hatte, trat Beruhigung ein.13 Die Beratende Landesversammlung stellte sich einstimmig
gegen die Anerkennung dieser Amnestie, ohne damit aber das Vorgehen gegen
die deutsche Justiz zu billigen.

Nach den entmutigenden Erfahrungen, die man im Reich und teilweise auch in
den Ländern mit dem parlamentarischen System gemacht hatte, nahm man die Ausgestaltung
der Regierungsform besonders kritisch unter die Lupe. Man suchte nach
Wegen, die Stabilität der Regierung über Krisen hinweg zu sichern, auch mit dem
Blick auf die Systeme anderer Staaten Europas und der Vereinigten Staaten von
Amerika, wo die Exekutive in der Hand eines vom Volk gewählten nicht absetzbaren
Präsidenten liegt.

Die Verfassung entschied sich für einen von der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl
des Landtages gewählten Staatspräsidenten. Er hatte die übrigen Regierungsmitglieder
zu berufen, die allesamt des Vertrauens des Landtags bedurften (Art.
78-81 der Verfassung). Ähnlich wie in den beiden anderen südwestdeutschen Ländern
sah sie eine Lösung vor, die dem später in das Grundgesetz aufgenommenen
konstruktiven Misstrauensvotum sehr nahe kam.

Mit dem Inkrafttreten der Verfassung wurden die deutschen Staatsorgane keineswegs
frei in allen Entscheidungen. Die Militärregierung behielt sich Eingriffe weiterhin
vor. Besatzungsrecht brach Landesrecht, wobei die Verlautbarungen der
Besatzungsmacht nicht einmal an eine bestimmte Form gebunden waren. Einige
Gebiete waren der Gesetzgebung der Länder überhaupt entzogen, so: Wiederherstellung
und Wiedergutmachung gegenüber fremden Ländern, Umsiedlung der Bevölkerung
und Behandlung der verschleppten Personen, das internationale Strafrecht
, Anforderungen der Besatzungsmacht und die Abrüstung auf militärischem,
industriellem und wirtschaftlichem Gebiet. Diese Eingriffe wirkten sich in allen
Bereichen aus, in Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz. Mit besonderer Sorgfalt
wachte die Militärregierung weiter über die Umerziehung des Volkes. Über die Kontrolle
der Demokratisierung im Erziehungswesen hinaus betrachtete sie es als ihre
Aufgabe, die Landesbehörden zu beraten, ihre Entscheidungen zu beeinflussen, und
jedes Mal, wenn sie ihr Einschreiten für notwendig erachtete, die Initiative zu ergreifen
.

Die Schwäche der deutschen Rechtsquellen zeigte sich in Baden noch einmal, als
es 1949 um die Zustimmung zum Grundgesetz ging. Die badische Verfassung (1947)
forderte für die Zustimmung zu einer Bundesverfassung ein Gesetz, das einer Volksabstimmung
zu unterbreiten war. Im Landtag stimmte zwar die weit überwiegende
Mehrheit - 49:2 - für die Annahme des Grundgesetzes, aber eine Volksabstimmung
gab es nicht. Die Militärgouverneure hatten nämlich eine ausschließliche Verabschiedung
des Grundgesetzes durch die Länderparlamente vorgeschrieben. Damit
ging der Verfassungsvorbehalt ins Leere.14

Besatzungsherrschaft und Demokratie seien Widersprüche in sich. So nochmals
Theodor Heuss. Gewiss, das sind sie, solange es um die aktuelle Gestaltung mit Vorrang
der Besatzung geht. Die gewählten Vertreter des Volkes haben da nur sehr be-

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