Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 224
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2001/0224
die Nazis, die Nationalsozialisten. Die höheren Chargen wie der Oberbürgermeister
Dr. Kerber hatten die Stadt verlassen, die übrigen tauchten unter.

Auf welche Verhältnisse traf die französische Besatzung in Freiburg? Trümmer so
weit das Auge reichte, über 1 Million Kubikmeter Schutt.4 Drei Viertel der Wohngebäude
waren leicht bis schwer beschädigt, ein Fünftel davon total zerstört. 3.000
Menschen waren bei Angriffen ums Leben gekommen, 3.000 Männer gefallen,
1.300 vermisst, 10.000 in Gefangenschaft. Viele Bewohner hatten die Stadt verlassen
, gerade 58.000 - statt 108.000 im Jahr 1939 - lebten noch hier. Die arbeitsfähige
Bevölkerung der 18- bis 50-Jährigen umfasste 1946 doppelt so viele Frauen wie
Männer,3 auf denen nun die ganzen Sorgen der Notjahre lasteten.

In der ersten Phase der Besetzung, die bis in den Sommer hinein andauerte, herrschte
Willkür. Es wurde geplündert - auch von ehemaligen Zwangsarbeitern und von
Deutschen -, Frauen wurden vergewaltigt. Gleich beim Einmarsch der französischen
Armee verhaftete die Besatzungsmacht als Nazis auf der ,schwarzen Liste' stehende
Personen, sofern sie nicht bereits aus der Stadt geflohen waren. Schon im Mai
musste auf Anweisung der Militärregierung ein Internierungslager für politisch Belastete
im Gewann Betzenhausen errichtet werden. Die städtische Verwaltung funktionierte
erstaunlicherweise fast reibungslos weiter unter dem noch von Kerber designierten
und von den Franzosen bestätigten Juristen Dr. Max Keller, der nicht der
NSDAP angehört hatte.6 Dieses System des Rückgriffs auf Personen wie auch auf
Strukturen der Weimarer Zeit war nach den zwölf Jahren nationalsozialistischer
Herrschaft wohl unumgänglich. So manches wurde aus dem „Dritten Reich" übernommen
, z.B. das Bewirtschaftungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftssystem. Es gab
also keinen Leerlauf, keine Stunde Null, zumal auch die Kirchen und andere Institutionen
ihre Arbeit weiterführten. Die Industrie- und Handelskammer wurde ebenso
wie die katholische Kirche unter Erzbischof Gröber von der französischen Besatzungsmacht
bewusst für ihre Zwecke eingesetzt.

Abb. 1 Die Frauen mussten ihren
Mann stehen, aber sie sollten nach dem
Wahlslogan der Demokraten lediglich
stellvertretend für die gefallenen oder
noch nicht zurückgekehrten Männer
eintreten. Mehr Rechte erhielten sie erst
in der fortschrittlichen Badischen Verfassung
von 1947, als die häusliche
Arbeit der Frau der Berufsarbeit gleichgestellt
wurde.

(Stadtarchiv Freiburg, M 7092/2398)

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