Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 241
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Witwen mussten oft hart ums Überleben kämpfen: Im Frühjahr 1949 entschuldigte
sich eine Frau, die vor dem hiesigen Schwurgericht als Zeugin aussagen sollte, folgendermaßen
: „Teile Ihnen mit, daß ich leiter nicht komen kann, weil ich keine Kleider
und Schuhe habe zum Anziehen, den ich habe nichts mehr. Geherter (sie!) Herr,
Sie werden es verstehen, ich bin Mutter von 9 Kinder und da arbeiten 4 davon und
5 sind noch kleiner und wir sind arm."71

Wider Erwarten stabilisierte sich die wirtschaftliche Situation, die Währungsreform
erwies sich als Motor des Aufbaus in Zusammenhang mit der Unterstützung
durch das amerikanische Hilfsprogramm. Der allmähliche Abbau des Bewirtschaftungssystems
tat ein übriges, auch wenn es in der französischen Zone zunächst bei
einer staatlich gelenkten Wirtschaftspolitik blieb.

1949 stellte die Stadtverwaltung fest: „Dieser berühmte X-Tag, der leider für so
viele Klein- und Sozialrentner und alte Leutchen, die ihren letzten Spargroschen
verloren, ein „Schwarzer Tag" wurde, hatte überhaupt auf vielen Gebieten ein lebhafteres
Tempo zur Folge. Die bis dahin berechtigten Klagen über Mangel an Arbeitskräften
und Material sind fast ganz verstummt."72 Selbst die Teuerung und der
chronische Kreditmangel konnten die Aufbruchstimmung nicht tiefgreifend überschatten
. Ein Modegeschäft führte im Herbst 1949 wieder Extra-Weiten für die „stärkeren
Damen" wie schon vor dem Krieg, Nürnberger Lebkuchen wurden angeboten,
das Schänzle-Bräu offerierte eine Metzelsuppe, ein Kochclub wurde gegründet.
Unter so manchem Weihnachtsbaum lagen Luxuskleidungsstücke wie Anorak und
Skihose, seit einem Jahr wurden Winterferien im Schwarzwald angepriesen, und
über Silvester konnte man sogar mit dem D-Zug eine Fahrt ins Blaue antreten. Die
Badische Zeitung warf den Freiburgern sogar vor, leichtfertig Geld auszugeben.
Früher hätten die Leute genauer überlegt, ob und wann sie beispielsweise unbedingt
Straßenbahn fahren müssten. Eine Monatskarte kostete schließlich 10 DM!73

Bevölkerungszunahme durch die Flüchtlinge und Vertriebenen

Das Jahr 1949 brachte endgültig die Wende zum Besseren. Das Grundgesetz wurde
erlassen und die Bundesrepublik gegründet. Ein Besatzungsstatut grenzte die Rechte
und Zuständigkeiten der Westmächte ein, die Demontagen gingen allmählich dem
Ende entgegen. Durch den Zusammenschluss der französischen Zone mit der „Bi-
zone" konnte man wieder aus der „Stacheldrahtumzäumung", wie eine Frau es
nannte, ausbrechen. Die Zeitgenossen sahen in der Vereinigung des Wirtschaftsgebiets
einen fast ebenso wichtigen Wendepunkt wie in der Währungsreform.74

Baden mit seiner Landeshauptstadt Freiburg sah sich indessen mit neuen Problemen
konfrontiert, als es nun Flüchtlinge und Vertriebene aufnehmen sollte. Auf
Druck der Amerikaner und Briten hatte die französische Militärregierung jetzt auch
ihre Zone für die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen öffnen müssen. Im
Unterschied zu den Verhältnissen in den anderen Besatzungszonen befanden sich
Ende 1947 nicht einmal 2.000 Flüchtlinge in der Stadt.75 Die meisten von ihnen standen
im Erwerbsleben, waren also nicht auf öffentliche Fürsorgemittel angewiesen.
Zuzugsgenehmigungen erteilte das Gouvernement Militaire ohnehin nur, wenn ein
Arbeitsplatz und eine Wohnung nachgewiesen werden konnten.

Da die Potsdamer Konferenz, auf der die Verteilung der Flüchtlinge in die einzel-

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