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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
120.2001
Seite: 242
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nen Zonen vorgenommen worden war, ohne Mitwirkung der französischen Regierung
stattgefunden hatte, fühlte sich diese auch nicht zur Aufnahme von Flüchtlingen
verpflichtet. In den anderen westdeutschen Zonen lebten Ende 1950 etwa acht
Millionen Vertriebene - davon allein in Bayern 1,9 Millionen -, im französisch besetzten
Südbaden waren es bis Ende 1952 lediglich 150.000.76 Auch von diesen war
Freiburg aufgrund der großen Wohnungsnot ausgenommen gewesen. Aber nun
musste in aller Eile das bis Ende 1948 als Internierungslager genutzte Gelände notdürftig
instand gesetzt und zum Landesdurchgangslager umfunktioniert werden. Es
war weiterhin von Stacheldraht umgeben und hatte nur einen einzigen Ausgang.77

Im Spätsommer 1949 kamen die ersten Flüchtlinge nach Freiburg. Die Stadt bereitete
ihnen einen warmen Empfang, wie die Badische Zeitung berichtete.78 Freiburger
Familien baten die künftigen Mitbürger sogar zu sich nach Hause. Aber nicht
alle Einwohner waren mit dem Zuwachs einverstanden, manche machten den Fremden
das Einleben nicht gerade leicht. Eine Rolle dürfte auch gespielt haben, dass
zwei Drittel der Flüchtlinge evangelisch waren und in Freiburg auf ein katholisch
dominiertes Sozialmilieu trafen, was ihren Integrationsprozess zweifellos nicht erleichterte
. „Wir waren halt immer die Zugereisten, man mußte sich das erst erkämpfen
", meinte rückblickend ein ehemaliger Flüchtling. Immer mehr kamen im
Lauf der nächsten Jahre: von August 1949 bis Anfang 1960 beherbergte das Lager
über 35.000 Personen.79 Überwiegend handelte es sich um sogenannte Umsiedler,
die bereits mehrere Jahre in anderen Lagern verbracht hatten, in Schleswig-Holstein,
Bayern und in Niedersachsen. Später kamen noch Flüchtlinge aus der sowjetischen
Besatzungszone hinzu. Keiner war beglückt, von neuem in Lagern und hinter Stacheldraht
leben zu müssen, ohne ein Minimum an Intimität.

Noch schlechter erging es den im städtischen Obdachlosen-Asyl in der Klarastraße
Einquartierten. Dort hatte man 1950 Baracken eingerichtet, in welchen später
auch Umsiedler untergebracht werden mussten. Durch die Einführung der Freizügigkeit
im Juni 1950 war der Strom der Umsiedler nochmals angewachsen. Gerade
2,8 m2 Wohnraum standen einer Person zur Verfügung - heute sind es mehr als zehn
Mal so viel. Zu diesem Zeitpunkt suchten übrigens auch noch 7.000 Einheimische
eine Wohnung, 1.000 lebten noch in Behelfsunterkünften.80 Man kann also ihren Unmut
ob der einströmenden Fremden in gewisser Weise nachvollziehen.

Im Landesdurchgangslager gab es nur Gemeinschaftsverpflegung, die die Freiburger
an die gerade erst vergangenen Hungerjahre erinnerte, als sie selbst vor den
Suppenküchen der Wohlfahrtsverbände Schlange standen. Im September 1954
wurde die Gemeinschaftsverpflegung eingestellt, und in jeder der Baracken eine
Kochecke eingerichtet. Eine Erleichterung für die dort zusammengepferchten Personen
brachte das Jahr 1952 durch die Errichtung weiterer Kreisdurchgangslager.
Die Stadt Freiburg übernahm nun vier - später noch zwei weitere - der Baracken
und richtete sie durch Einziehen von Zwischenwänden als Wohnbaracken her. Diese
Maßnahme kann als erster Eingliederungsprozess gesehen werden, auch wenn ein
zusätzlicher Zaun sie nun auch vom Durchgangslager trennte.81

1954 machten die Flüchtlinge bereits 15 Prozent der Einwohner Freiburgs aus.82
Der Bevölkerungszuwachs Freiburgs zwischen 1950 und 1961 geht zum größten Teil
auf diese Bevölkerungsgruppe zurück. Das Statistische Amt stellte 1949 fest, dass

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