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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 150
(PDF, 57 MB)
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knapp 1200 m2 eine Tonne. Dabei ist anzumerken, dass Schiffe meist eine komplette Zweitausstattung
an Segeln sowie natürlich Ersatzankertrossen und einen großen Vorrat an weiterem
Tauwerk mitführten, um Schäden an der Takelage unterwegs beheben zu können. Das Gewicht
der Takelage der „Batavia", Tauwerk unterschiedlicher Stärke mit einer Gesamtlänge von 21
km, ließ sich nicht ermitteln, übertrifft das der Segel aber mit Sicherheit um ein Vielfaches: Allein
schon das Großstag, nach der Ankertrosse an Bord eines Segelschiffes das stärkste Tau,
welches den Untermast des bei der „Batavia" vom Kiel bis zum Flaggenknopf 55 m hohen
(knapp halb so hoch wie der Turm des Freiburger Münsters), aus drei übereinanderstehenden
Rundhölzern zusammengesetzten Großmastes nach vorn abstützte, hat einen Durchmesser von
14,4 cm.5 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde nach Krünitz' „Oekonomische En-
cyclopädie" für den Bau eines dreimastigen Kriegsschiffes neben 4.000 (!) Stück ausgewachsene
Eichen für Spanten, Decksbalken und Rumpf- und Decksplanken sowie weiterem Holz,
u.a. für die Masten, Stengen, Spieren und Rahen, 110 Tonnen aus Hanf geschlagenes Tau werk
für das Rigg benötigt. Dabei ist in dieser Angabe weder der mitgeführte Vorrat an Trossen und
Tauwerk noch das Gewicht der aus Bahnen von Hanfleinen zusammengenähten Segel geschweige
der Bedarf an hänfenem Kalfaterwerg eingerechnet. Daraus dürfte sich übrigens auch
der offenkundige Unterschied im Gewicht des benötigten Hanfmaterials zwischen diesem Beispiel
und den Angaben für die in den Abmessungen ähnlich großen, rund 250 Jahre früher gebauten
„Henry Gräce ä Dieu" erklären.6

Nun war die Mehrzahl der Handels- und Transportschiffe und der Schiffe für die Küsten-
und Hochseefischerei mit Sicherheit deutlich kleiner als die mangels anderer Beispiele eben
angeführten großen Schiffe und der durchschnittliche Hanfbedarf für deren Bau und Ausrüstung
lag entsprechend mehr oder weniger weit unter den eben angeführten Angaben. Allerdings
ist dabei die Größe der Handels- und Fischereiflotten der europäischen Seemächte zu
berücksichtigen: Um die Mitte des 17. Jahrhunderts betrug die Zahl der in Europa vorhandenen
, seegängigen Segelschiffe insgesamt etwa 20.000 bis 25.000. 15.000 davon und damit mehr
als die addierten Schiffsbestände der übrigen europäischen Seemächte zusammen fuhren unter
der Flagge der Generalstaaten, der damals mit weitem Abstand führenden Seehandelsmacht
Europas.7 Angesichts dieser Zahl verwundert es nicht, dass die Niederlande damals als „Fuhr-

die ebenfalls viermastige, 1566 vom Stapel gelaufene Karacke „Adler von Lübeck", die von ähnlichen Dimensionen
und ähnlich stark bewaffnet war wie die „Great Harry", gibt Paul Jacob Marperger: Ausführliche Beschreibung
des Hanffs und Flachs und der daraus verfertigten Manufacturen/ sonderlich des Zwirns/ der Leinwand
und Spitzen ... Leipzig 1710 (vgl. Teil I des Beitrags in: Schau-ins-Land 125 (2006), S. 77f. mit Anm. 18)
im Kapitel über die Seilerei unter Berufung auf eine „Lübeckische Chronik" an, „das grosse Ancker=Tau [sei]
dick gewesen 24 Daumen im Diameter, das gesamte Tau- und Tackelwerck aber zu dem gantzen Schiff [habe]
1140 Zentner [~ 57 Tonnen] gewogen .../ und zu den Segeln [seien] 116 Stück [Ballen] Leinwand verbrauchet
worden" (Marperger, S. 164).

5 Die Maßangaben und die Errechnung des Gewichts der Segel nach den Informationen auf der Internetseite der
Bataviawerft: www.bataviawerf.nl/batavia_zeilen.html. der Großstagdurchmesser nach www.bataviawerf.nl/ba-
tavia_ver-stagingen.html (eingesehen am 15.07.06). Eine telefonische und per E-Mail erneuerte Anfrage bezüglich
des Gewichts der Takelage blieb leider unbeantwortet. Als Anhaltspunkt: Allein schon das aus russischem
Hanf gefertigte Ankerkabel (~tau) der königlich-norwegischen Fregatte „Kong Sverre" von 1864 wog 4 Tonnen;
für seinen Transport von der Reeperbahn zur Werft durch die Straßen von Tonsberg waren 120 Seeleute erforderlich
; siehe Jan Bojer Vindheim: The History of Hemp in Norway. In: Journal of Industrial Hemp 7, H. 1
(2002), S. 89-103, hier S. 98; im Internet unter: www.hempreport.com/iha/pdf/J237.pdf (eingesehen am
15.09.06).

6 Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie oder allgemeines System der Land-, Haus- und Staats-
Wirthschaft in alphabetischer Ordnung. Bd. 1-242. Berlin 1773-1858 (im Internet unter: www.kruenitzl.uni-
trier.de; die vorliegende Arbeit verwendet diese Internetversion des Lexikons. Bei der Übernahme von Zitaten
wurden gelegentliche Schreibfehler sowie die oftmals sinnentstellende Kommasetzung stillschweigend bereinigt
), hier Bd. 50 (1790), Stichwort „Kriegs=Flotte", S. 354ff.

7 Dudszus/Henriot/Krümrey (wie Anm. 3), S. 103; dieselbe Zahl 16.000 bei Helmut Diwald: Der Kampf um
die Weltmeere. München-Zürich 1980, S. 256; ebenso Heinz Neukirchen: Seemacht im Spiegel der Geschichte.

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