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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 168
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bracht, sondern nur mit einem hölzernen Hammer geschlagen (gehottet), dann gebrochen [gebrecht
, geknitscht] und schließlich noch geschwungen und gehechelt" wurde.75 Dass zum
Komplex der Kenzinger Herrschaftsmühle neben Mahl-, Walk- und Schleifgängen sowie einer
Rindenpleuel zum Zerkleinern der von den Lohgerbern benötigten Eichenrinde auch eine
Hanfpleuel bzw. eine Hanfreibe gehörte,76 spricht einmal mehr für die offenbar keineswegs unbedeutende
Rolle des Hanfanbaus im frühneuzeitlichen Kenzingen.

Eine anschauliche Schilderung der dem Trocknen und Dörren folgenden Arbeitsgänge zur
Fasergewinnung findet sich in Körnitz' „Oekonomischer Encyklopädie" - zwar im Artikel über
Lein (Flachs), doch dürfte sich die Verfahrensweise beim Hanf nicht grundsätzlich davon unterschieden
haben:

„In einigen Gegenden wird der Flachs nach diesem Dörren erst gebocket, wozu man gewöhnlich in der
Nähe dieser Häuser eigene Bockemühlen [Poch- oder Pleuelmühlen] mit gerieften Stampfen hat. worunter
alsdann der Flachs durch eine Person gehalten und durch die Stampfe auf beyden Enden und auf jeder
Seite einige Stöße erhält. Ist dieses geschehen, so wird er von verschiedenen Oekonomen über den
Revelbock77, der [...] von hartem Holze oder Eisen ist, gezogen, um das Holz größtentheils abzustreifen
^..]. In andern Gegenden wird er nur bloß auf einem Klotze mit einem Schlägel geklopft, wo aber alles
dieses nicht geschieht, da wird der Flachs sofort in den Brechhäusern, von einigen gleich den Tag nach
dem Dörren, von andern aber mit mehrerem Vortheile 1 oder 2 Tage nach solchem, nachdem er sich erst
gehörig abgekühlt hat, gebrochen, womit sich gewöhnlich in den Dörfern bestimmte Personen abgeben,
die nach Schock, Risten bezahlt werden, und die den Flachs abermahls in Kloben, die aus 30 Risten bestehen
, und wovon immer 2 mit den Spitzen zusammen laufen, binden. Dieses Brechen von so vielen Personen
in diesen Häusern macht einen solchen Lerm und giebt in den Bergen einen solchen Wiederhall von
sich, daß man es in weiter Entfernung höret."78

Die im Vergleich zum stärkeren Maskelhanf für Seilwaren kürzeren und dünneren Stängel
des männlichen Fimmelhanfs kamen dagegen wohl nicht unter die Hanfpleuel oder die Hanfreibe
, sondern wurden in der bereits genannten Hanfbreche gebrochen und vor dem Verkauf
erst noch weiter verfeinert.79 Denn die mit dem Brechen erreichte Qualitätsstufe des Basthanfs
war noch keineswegs in einem Zustand, in dem er bereits versponnen werden konnte. Vielmehr
musste er zunächst von restlichen noch anhängenden, holzigen Schäbenstückchen und anderen
Verunreinigungen befreit werden. Dies geschah im Arbeitsgang des Schwingens (Abb. 6).
Beim Verfahren des Freischwingens griff der Arbeiter eine Handvoll der durch das Brechen der
Stängel und das Abspringen und Herausfallen der Schäben entstandenen hänfenen Faserstränge
an einem Ende und strich und schabte mit dem hölzernen Schwingmesser (frz. espade) an den
frei herabhängenden Faserbüscheln entlang. Beim Schwingen am Schwingstock, einem Gestell
aus einem senkrecht stehenden, etwa drei Fuß hohen und mit einem schweren, hölzernen
Standblock fest verbundenen, starken Brett, das an seinem oberen Ende eine u-förmige Einkerbung
aufwies. In dieses Widerlager drückte der Arbeiter das mit festem Griff zusammenge-
presste Bündel Basthanf und strich und schlug entlang des herabhängenden Faserbasts unter
beständigem Drehen des Hanfbüschels mit dem Schwingmesser die Verunreinigungen heraus.
Diese Arbeit erforderte große Sorgfalt. Ein guter Arbeiter am Schwingstock schwang am Tag
60 bis 80 Pfund gebrochenen Hanf, der Abfall belief sich dabei auf 5 bis 7 Pfund pro Zentner.
Auch beim Schwingen des Hanfs, an dessen Ende die Qualität des sogenannten Rein- (fälschlich
oft Rhein- geschrieben) oder Strähnhanfs stand, entwickelte sich sehr viel Staub, daher

75 Meyers Konversations-Lexikon (wie Anm. 62), Bd. 8, S. 121f.

76 Hämmerle (wie Anm. 69), S. 51 f.; Treffeisen (wie Anm. 69), S. 120.

77 Vgl. Teil I dieses Beitrags (wie Anm. 1), S. 93, Abb. 4.
7X Krünitz (wie Anm. 58), S. 97f.

79 Meyers Konversations-Lexicon (wie Anm. 62), Bd. 8, S. 122.

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