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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 181
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chen, also dass, wenn ihm das Simmer Getreide für 6 Gulden der Mühe und Belohnung nach ankäme, er
gleichwohl solches aus Not oft nur für dritthalb Gulden, um die Drescher davon zu bezahlen, verschleudern
muss'. Und in einer ein Jahr später erschienenen Flugschrift klagt ein Schwarzwälder Bauer, dass ,in
unserem gemeinen Elend und Trauern allein noch das Gesinde Freude und Mut hat. Wir müssen sie lassen
Meister sein, müssen ihnen fast noch den Seckel zu dem Gelde [das wir ihnen zahlen] geben, ihnen
voll auftragen und selber Mangel leiden.*"1 ,s

Der Lohnkampf der Kenzinger Hanfhechler Durs Senn und Peter Miller

In diesen Konflikt zwischen Bauern, die Dienstpersonal zu möglichst niedrigem Lohn einstellen
, und Knechten, Mägden und anderen Lohnarbeitern, die natürlich möglichst gute Bedingungen
für sich herausschlagen wollten, gerieten in Kenzingen acht Jahre nach den Lohndreschern
auch die Lohnhechler. Im Ratsprotokoll vom 29. November 1664 heißt es:

Wann Durs Senn vndt Peter Miller, die hechler, eben so guote hechler arbaith machen, selbigen lohn [wie
die auswärtige Konkurrenz] nemben, mit den Speisen, so man Ihnen auffsezt, zu Friden sein, vnndt sons-
ten ob der arbaith beständig verpleyben, würdt E.[ine] E.[ehrsame] bürgerschafft von selbsten bedacht
sein, Sye den Frembden vor zue ziehen.^6

Offenbar hatten sich die beiden beim Rat beklagt, dass auswärtige Hechler, die wohl zu günstigeren
Konditionen und für niedrigeren Lohn zu arbeiten bereit waren, ihnen vorgezogen
wurden. Der Rat nun stellte sich mit seiner Entscheidung ganz auf die Seite der Arbeitgeber -
unter den Ratsmitgliedern mögen nicht Wenige gewesen sein, die selber Hanf anbauten, als
Weber oder Fischer an einem möglichst preisgünstigen Erwerb ihres Rohmaterials bzw. des
Garns für ihre Netze interessiert waren oder mit solchen Interessierten freundschaftlich oder
verwandtschaftlich verbunden waren. Mit seinem Beschluss setzte der Kenzinger Rat die beiden
ortsansässigen Hechler rigoros der auswärtigen Konkurrenz aus, nach dem Motto: Wenn
ihr zu den billigeren Löhnen der auswärtigen Konkurrenz zu arbeiten bereit seid, werdet ihr
auch Aufträge von den Kenzinger Bürgern bekommen. Eine Argumentation, die uns Heutigen
in größerem Maßstab im Rahmen der gegenwärtigen, gerne mit dem Schlagwort Globalisierung
gerechtfertigten, neoliberalen Wirtschaftsentwicklung ja nur allzu bekannt ist.

Ganz deutlich wird diese Politik des gegeneinander Ausspielens in dem Bescheid, den der
Rat in seiner Sitzung zwei Tage später den beiden Hechlern auf ihr neuerliches Ansuchen hin
erteilte. Darin heißt es:

Auff weiteres ahnhallten beeder hechler allhie, ist von E.[einem] E.fhrsamen] rath gleichwohlen bewilliget
, daz die frembden hechler für diß mahl abgestellt, hingegen die allhiesigefn] auch vmb 2 d hechlen
vndt sonsten in allem sich also verhallten sollen, daz derent wegen sich nihemandt zue beschweren habe,
auch gleichwohl [andernfalls] den frembden der zue dritt [Zutritt] wiederumb erlaubt ist.™

Der jetzt vom Rat festgesetzte Lohn von 2 d bedeutete die glatte Halbierung des kurz zuvor
festgelegten Höchstlohns von 1 xr für das Schwingen und Hecheln von einem Pfund Bast- oder
Strähnhanf. Vermutlich sollten damit die Dumpinglöhne der außerstädtischen Konkurrenz in
Kenzingen selbst den einheimischen Hechlern aufgezwungen werden - denkbar, dass aus den
Reihen der Hanfproduzenten entsprechender Druck auf den Rat ausgeübt worden war und dieser
sich gezwungen sah, diesem Druck nachzugeben, um eine Eskalation zu vermeiden. Mit
dem Druckmittel, gegebenenfalls die auswärtige Konkurrenz in die Stadt zu lassen, wurde den
beiden Hechlern also ein Lohndiktat auferlegt, dem sie wohl kaum ausweichen konnten, da ein
Arbeiten außerhalb der Stadt vermutlich die gleichen Konsequenzen nach sich gezogen hätte,
die auch den Dreschern für solches Verhalten angedroht worden war: Entzug des Bürger- bzw.

135 Franz (wie Anm. 132), S. 105f.

136 StadtAKenz, Protokoll vom 29. November 1664.

137 StadtAKenz, Protokoll vom 1. Dezember 1664.

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