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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 283
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noch gab, sondern eher in alemannischer Bedächtigkeit und in dem Wunsch, etwas Außergewöhnliches,
der aufstrebenden Touristenstadt Würdiges auszuwählen. Keineswegs wollte man sich mit den gängigen
Büsten oder Reiterstandbildern zufriedengeben oder dem Beispiel der Stadt Heidelberg folgen, die eine
Kopie des Kaiser Wilhelm-Denkmals von Hohensyburg an der Ruhr bestellt hatte. Die Freiburger Ideen
und die Standortvorschläge waren vielfältig. Ein Brunnen am Südrand der Innenstadt als Pendant zum
Siegesdenkmal sollte Kaiser Wilhelm in der Mitte auf einem Sockel zeigen, umgeben von vier weiteren
Baumeistern des Reiches: Kronprinz Friedrich, Großherzog Friedrich von Baden, Bismarck und Moltke.
Diese Lösung hätte die beiden Denkmalprojekte Kaiser und Kanzler vereinigt und der Stadt ermöglicht,
die getrennt gesammelten Spenden zu bündeln. Die Gründe für das Zögern bezüglich des Bismarck-Denkmals
sind indes nicht ganz deckungsgleich mit den für Kaiser Wilhelm genannten. Die Innenpolitik des
„Eisernen Kanzlers", insbesondere den sogenannten Kulturkampf, hatten die katholischen Freiburger in
schlechter Erinnerung. Die Freiburger Studenten, die zu einem guten Teil aus dem protestantischen Norden
kamen, realisierten ihr Bismarck-Projekt und ehrten den Reichsgründer mit dem Bismarckturm auf
dem Schlossberg. Die Stadt stellte dafür das Gelände bereit, leistete jedoch keinen finanziellen Beitrag.

Im Abschnitt „Ereignisdenkmale" aus dem 19. Jahrhundert gibt es viel Verborgenes und Vergessenes
zu entdecken und zu erfahren. Ein Beispiel ist das Fünfwundenkreuz im Stühlinger, das an Soldaten der
Anti-Napoleon-Allianz erinnert, die sich 1813/1814 in und um Freiburg sammelten und in großer Zahl einer
Seuche zum Opfer fielen. Auch verdiente Bürger waren im 19. Jahrhundert denkmalwürdig geworden
: der Historiker und Archivar Heinrich Schreiber, der Anatom Alexander Ecker, der großherzogliche
Leibarzt Adolf Kussmaul und der Volksschriftsteller und katholische Theologe Alban Stolz.

Während der Weimarer Republik wurden fast ausschließlich Kriegerdenkmäler errichtet. Scherb ermittelte
drei Entstehungsphasen: Direkt nach Kriegsende und vor der Inflation entstanden Denkmäler aus privater
Initiative und Betroffenheit. Um 1925 errichteten Angehörige der vor dem Krieg in Freiburg beheimateten
Regimenter ihre Gedächtnisstätten. Am bekanntesten ist die stahlhelmbekrönte Säule des Infanterieregiments
113, die heute am Stadtgarten steht. Am Ende der nur 14 Jahre währenden Republik
realisierte die Stadt ihr Gefallenendenkmal auf dem Hauptfriedhof: die überlebensgroße Bronzestatue einer
trauernden Germania, entworfen von Bildhauer Karl Albiker aus Karlsruhe, vom Künstler ursprünglich
„Wacht über dem Grab" betitelt. Im November 1929 war die feierliche Einweihung. Trauer und Überlebenswillen
sah der damalige Oberbürgermeister Bender in der Frauengestalt mit Stahlhelm, Schild und
Speer. Revanchistische Töne klangen in seiner Rede nicht an. Kritische Stimmen bezüglich der Aussage
der Figur fehlten damals jedoch nicht. Scherb verzeichnet ein interessantes Detail, das nicht alle damals
mit der Denkmal Stiftung Befassten kannten. Sie fand heraus, dass es sich bei der Freiburger Germania um
eine Variante eines Albiker-Entwurfs für die Karlsruher Technische Hochschule handelte; dort antikisierend
als Pallas-Athene, hier etwas deutscher als Germania.

Das „Dritte Reich" hat in der Freiburger Denkmal-Landschaft wenige Spuren hinterlassen. Damit unterscheidet
sich die Stadt von anderen deutschen Städten, denn diese Zeit gilt als denkmalfreudig. Scherb
interpretiert dieses Phänomen mit Rücksichten, die der NS-Bürgermeister Dr. Kerber auf die Gefühle der
überwiegend bürgerlich-konservativen Bevölkerung nahm, und mit der Tatsache, dass die ehemals in der
Garnison Freiburg beheimateten Regimenter schon Denkmäler hatten, die akzeptiert wurden, da ihre Botschaft
nicht als pazifistisch empfunden wurde. Die Beseitigung von Denkmälern, die nicht in die „neue
Zeit" passten, gehörte zum Programm der Nationalsozialisten. Schwer nachzuvollziehen, aber sogar das
Siegesdenkmal hatte wegen seines Materialwerts zur Diskussion gestanden. Auch hier bewährte sich die
Methode des ruhigen Abwartens statt des unüberlegten Vollzugs. Das Denkmal, dessen überregionale Bedeutung
Ute Scherb ausführlich darlegt, blieb erhalten.

Beseitigen in aller Eile war nach 1945 angesagt. Hakenkreuze verschwanden und Straßenschilder wurden
ausgetauscht. Als die französische Militärregierung systematisch alle Denkmäler mit militaristischer
Aussage oder nationalsozialistischem Hintergrund beseitigt haben wollte, legte Oberbaudirektor Schlippe
eine penibel recherchierte, aber verwirrend umfangreiche Liste mit 52 Objekten vor und überzeugte die
Vertreter der Besatzungsmacht davon, dass Freiburg sich in der NS-Zeit maßvoll verhalten habe. Die einzigen
inzwischen anstößigen Monumente seien schon entfernt, vor allem das von der Gauleitung eingeforderte
Mahnmal für die beiden 1933 von einem SPD-Politiker erschossenen Polizisten, die als Blutzeugen
für die Bewegung eingestuft und am Tatort in der Barbarastraße geehrt wurden.

Mit dem Kalten Krieg und der deutschen Teilung eröffnete sich ein neues Zielgebiet für Denkmalsetzungen
. 1963 enthüllte Oberbürgermeister Keidel eine sogleich heftig umstrittene Wegweisertafel, auf der

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