Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
21.1905
Seite: 304
(PDF, 70 MB)
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304 Sütterlin — Abergläubisches aus Heidelberg

Und wenn man unwillkürlich einen Vers sagt und zählt die
Silben und zählt im Alphabet nach, so gibt der Buchstabe den
Namen einer Person an, die an einen denkt.

g) Einiges weitere bezieht sich auf einzelne menschliche
Schwächen, Unsitten oder kindliche Unarten und hat etwas Lehrhaftes
an sich: manches darunter erinnert geradezu an das, was
Weise in seinen drei Erznarren (Kap. 26) von derlei Anzeichen
dargelegt hat.

So heißt es: Wenn ein Mädchen einen Herrn zuerst grüßt,
bekommt es einen Schnurrbart (so auch in Königsberg in Preußen);
wenn man Brot schief schneidet, hat man gelogen. Wenn man
ein Paar neue Schuhe anhat und sie „gerren" (graunzen), so
sind sie noch nicht bezahlt. Wenn man Haare zum Fenster
hinausfliegen lässt, bekommt man Kopfweh, weil sich die Vögel
daraus Nester bauen (auch in Weimar zu Hause).

Wenn man sich die Haare schneidet bei abnehmendem Mond,
so wachsen sie nicht mehr; Haare muss man schneiden bei Vollmond
. Wenn man ein Kind zum Fenster „hinaushebt" (z. B.
in den Garten oder Hof), anstatt es zur Türe hinauszutragen,
wächst es nicht mehr, es sei denn, dass man es wieder zum
Fenster hereinhebt. Man darf auch nicht zu Häupten eines
Kinds stehen, sonst schielt es später. Und endlich darf ein
Erwachsener ein kleines Kind nicht zwischen den (gespreizten)
Beinen hindurchlaufen lassen und das Bein auch nicht über das
Kind hinwegheben, sonst wächst es nicht mehr. — Wenn man
die Hand gegen die Eltern erhebt, so wächst die Hand einem
zum Grab heraus. Wenn man abends in den Spiegel sieht, so
steht nach Heidelberger Überlieferung der Teufel dahinter, nach
Sandhäuser Auffassung aber gucken Hexen heraus. Und wenn
einem kleinen Kind ein Zahn wackelt und es lässt ihn sich nicht
herausziehen, dann sagt man ihm, eine Krankenschwester komme
nachts und ziehe ihn heraus.

Ganz scherzhaft endlich ist es gemeint, wenn man von
einem großen Loch im Brotlaib sagt, der Bäcker sei da mit
seiner Frau „hindurchgeschlupft". Dagegen der Satz „14 Jahre
7 Wochen, ist der Backfisch ausgekrochen" ist zwar in Heidelberg
bekannt, aber wol kaum volkstümlich.


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