Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
24.1908
Seite: 35
(PDF, 69 MB)
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Die Mundart des Dorfs Wachbach

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zusammenhängende Betrachtung das denkbar beschränkteste,
umfasst es ja doch nur ein einziges Dorf — es fehlt nicht
an bald geringeren, bald auffallenderen Schattierungen in der
Sprechweise von einer menschlichen Siedlung zur andern, es
herrscht ein mannigfaltiges Schwanken im Dialekt eines und
desselben Orts. So hört man beispielsweise schon in dem
7 km entfernten Markelsheim it, mos, motr für das in Wachbach
übliche is, muos, muHr = ist, muss, Mutter; in Apfelbach
, 3 km entfernt, spricht man fidcto, lidct, hidc, in Wachbach
fiict9, Uict, leriic = Fichte, Licht, Krüge. Durch Zuwanderung
von auswärts, namentlich durch Heiraten, setzen
sich allmählich solche ursprünglich nicht heimischen Wortformen
und Ausdrucksweisen fest; so kamen nach Wachbach
sehr viele hohenlohische Elemente, und es bietet des Interessanten
genug, Kindern zu lauschen, deren Vater, und noch
mehr Mutter, von auswärts kommen. Doppelformen gehen
nebeneinander her; neben einem ursprünglichen Itwee — gewesen
, nistet sich ein luceesd und schließlich noch luvest. Neben
diese durch örtliche Abweichungen erzeugten Schwankungen
des Sprachgebrauchs stellen sich andere, hervorgerufen zumeist
durch Schule und Kaserne. So sucht die Schule der Tenuis
zu ihrem schriftdeutschen Rechte zu verhelfen und dem s,
dem zurückgelegten s-Laut, sein mundartliches Gebiet streitig
zu machen. Alte Leute sprachen und sprechen noch keuurdm
Schwann, ivoolt Wald, Igungk lang, Jcgungk Gang; junge — besonders
nach abgelegter Dienstzeit — gebrauchen dafür meist
die Schriftform. Immer weiter dringt auf diesem Wege das
der Mundart völlig fremde Imperfektum vor. Der Zug in die
Stadt, das Haschen nach städtischen Manieren, so ohne Saft
und Kraft sie gegenüber dem urwüchsigen, biedern, ländlichen
Wesen sich auch ausnehmen mögen, greift auch im
Sprachleben stets weiter um sich. Zum neuen Hut der Tochter
will die grobe Bauernsprache nicht recht passen, und der Sohn
glaubt seinen Landsleuten mehr zu imponieren, wenn er, zurückgekehrt
ins Elternhaus, einen städtischen, vielleicht gar
einen preußischen Anstrich seiner Redeweise zu geben sich müht.
Doch die Schuld an all diesen Wandlungen, seien sie nun sprachlicher
oder sonstiger Art, tragen neben Eisenbahn, Telephon
und Telegraph mit den übrigen aus jüngster Zeit stammenden
Erfindungen auch jene hochfahrenden Städter, die in eitler

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