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Bodenseepoesie
vom Ende des 18. Jahrhunderts.
Von Paul Beck,
Naturbetrachtung, Naturgenuss und Reisen stehen in engem
Zusammenhang miteinander und fördern sich gegenseitig. Wie
letzteres sich in früheren Jahrhunderten bis in die ersten
Jahrzehnte des 19. hinein bei den geringen Verkehrsmitteln
noch in engen Grenzen hielt, so spielte auch das Beobachten,
Beschauen und Genießen der Natur, der Sinn für das Naturschöne
, ebenso die Naturpoesie, früher im menschlichen Ge-
müte noch eine bescheidene Rolle. Die dichterischen Stimmen
sind denn auch in der deutschen Literatur der früheren Jahrhunderte
über Naturgenuss nicht zahlreich gesäet, im Gegensatze
zur üppig wuchernden Naturpoesie des 19. Jahrhunderts. Das
hervorragendste Erzeugnis dieser Art von deutscher Dichtung
aus dem 18. Jahrhundert sind und bleiben entschieden Albr.
v. Hallers „Alpen" (1732). Vom Ende desselben liegt uns
ein bis jetzt weniger beachtetes, in der heutzutage seltenen
„Vorarlbergischen Chronik" („oder Merkwürdigkeiten des
Lands Vorarlberg, besonders der Stadt und Landschaft Bre-
genz a/B., gesammelt von Kennern und Freunden des Lands
Bregenz, gedruckt und verlegt bei Jos. Brentano, k. k. Buchdrucker
, 1793"; 130 S.; bes. S. 68—73) veröffentlichtes Stück
Bodenseepoesie vor, welches wir nachfolgen lassen. Der
Naturbeschauer scheint seine Betrachtungen vom Standpunkt
Bregenz aus in der Frühjahrszeit angestellt zu haben und
verherrlicht schließlich die Reichsstadt Lindau, die deutsche
Venetia. Der Sänger dieser Gefühlsergüsse ist nicht genannt;
wir vermuten aber als solchen den Dichter, Schriftsteller und
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