Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
24.1908
Seite: 237
(PDF, 69 MB)
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Badische Sagen

237

dann begann die Musik wieder in so melancholisch-traurigen
Arien zu spielen, worauf die Totengerippe plötzlich an die
Bahre traten, dieselbe ergriffen und auf ihre Achseln nahmen,
worauf der Mann mit dem Szepter winkte und die Musikanten
vom Orchester herunterkamen und sich in Reihen vor die Bahre
stellten. Zur gleichen Zeit trat eine große, ungefähr sechs
Schuh hohe schwarze Gestalt mit einer Stange in ihren Händen,
worauf eine schwarze Krone angebracht war, vor die Musikanten
. Die schwarzen Fackelträger stellten sich links und
rechts neben der Bahre auf, und hinter die Bahre begab sich
dann der Mann mit dem Szepter, dann folgte die Tänzergesellschaft
, und als so alles geordnet war, fing ein dumpfes Geläute
der Glocken an. Die Musik spielte ganz beweglich und der
Zug bewegte sich auf die Straße durch den Ort. Wir schlichen
durch die Nebengassen des Orts nach, um zu sehen, wohin es
ging; auch glaubten wir, die Bewohner des Orts würden alle
an den Fenstern sein, um den Zug mit anzusehen; allein wir
täuschten uns, indem keine menschliche Seele sich blicken ließ.
So ging es fort bis an das St. Landolinuskreuz, das an der
Wintergasse steht; da schien es uns, als wollte der Zug Halt
machen; allein dort bewegte er sich gegen die Wintergasse
hinein, und an dem sogenannten Herrenberg blieb der Zug halten;
da schlichen wir uns in der Judenhanne Garten, der am Winterberg
liegt, und siehe, zu unserem großen Erstaunen öffnete sich
am Herrenberg ein schwarzes Tor und aus der Öffnung tönte
das Geläute der Glocken heraus, und der Zug ging zur Öffnung
hinein. Da sie alle drinnen waren, so schlichen wir ihnen ebenfalls
wieder nach, um doch den Ausgang abzuwarten; aber das
wäre uns bald übel bekommen, denn wie man die Bahre auf
die Erde mitten im Gewölbe, welches ganz mit schwarzen
Tüchern behängt war, niedersetzte, donnerte der Mann mit dem
Szepter in der Hand die Worte heraus: „Wer nicht mit begraben
werden will, der entferne sich, ehe ihn der Feuertod
erreicht; deswegen eilet, ihr verwegenen Sterblichen, von hinnen
und bleibt auf gutem Weg!" Wir machten uns so schnell als
möglich hinaus. Als wir wieder ins Freie kamen, schlugen
schon die Flammen aus der Öffnung und die Tür fuhr mit entsetzlichem
Krachen zu, so dass wir zusammensanken, und zwar
ganz betäubt, und als wir uns wiederum erholt hatten, so sassen
wir, die Hände ineinander geschlossen, neben dem St. Lando-


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