Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
24.1908
Seite: 276
(PDF, 69 MB)
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276

Michael

einfügte, Inschriften anzubringen zum höhern Ruhme des Königs
von Frankreich und seiner Tat. Sollte also nicht etwas Derartiges
auch für das Rheintor beabsichtigt worden sein?

Woher aber mag unser Distichon stammen? Wer zuzugeben
bereit ist, dass dasselbe überhaupt als eine von französischer
Seite anzubringende Inschrift möglich war, der wird sich
vorstellen können, dass es nach dem Vorschlage eines witzigen
Kopfs in der Tat für das Rheintor bestimmt war, aber aus
irgendwelchen Gründen, die wir nicht kennen, niemals angebracht
wurde. Für die Beziehung des Distichons zu dem
Bauwerk gibt es übrigens einen Fall, welcher als Analogie zu
dem unsrigen zu denken wäre. Am Tor eines Gefängnisses in
Amsterdam befindet sich eine Inschrift, welche an diesen Platz
nicht recht zu passen scheint. Man hat gefunden, dass sie ursprünglich
nur auf einer Denkmünze stand, welche bei der Eröffnung
des Gefängnisses geschlagen wurde. Viel später erst
hat man den unglücklichen Einfall gehabt, die Inschrift auf das
Tor selbst zu setzen37. So wäre die Möglichkeit, dass in
unserem Falle etwas Derartiges vorliegt, nicht ganz auszuschließen
. Aber einen Beweis gibt es nicht, denn keine der
aus Breisach erhaltenen Münzen zeigt, meines Wissens, die
Inschrift.

Endlich mag auf die Tatsache hingewiesen werden, dass
es vielleicht keine Epoche gegeben hat, in welcher die Vorliebe
für das Epigramm größer gewesen wäre, als im 17. Jahrhundert.
Ja, noch mehr. Man hält sich dabei scheinbar gern an den
ursprünglichen Karakter dieser Dichtungsform, man behandelt
das pointenreiche kurze Gedicht gern als Aufschrift für ein
Monument, ein Kunstwerk, ein Grabmal. Aber das ist nur ein
Vorwand, um ein artiges Spiel zu treiben, um witzige Gedanken
, satirische Spitzen in knapper Form zum Ausdruck zu
bringen. Nach Richelieus Tode, berichtet ein Werk des
17. Jahrhunderts38, „sind ihm viel sinnreiche, gute und Satyrische
Grab-Schrifften gesetzet worden". Aber niemand wird
bei der als Beispiel mitgeteilten Grabschrift: „Hic jacet Arman-
dus, si non armasset, Amandus" je daran gedacht haben, die

37 Die Kenntnis dieses Falles verdanke ich meinem Kollegen Herrn
Dr. Jolles.

38 Melissantes, Geographia novissima, Frankfurt und Leipzig 1720,
S. 290.


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