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Buckenmaier

Ettgenie und das Frauenideal im 19. Jahrhundert

Eugenie fühlte zuerst als Frau und Gattin, Fürstin aber war die ihr auferlegte
Bürde, die sie verpflichtete, für Andere da zu sein. Unter ihrer güldenen Krone
trug sie die unsichtbare Dornenkrone des Mitleidens und Mitfühlens.

Eugeniens Frauenideal entsprach ganz der damaligen Zeit. Zwischen den
beiden Revolutionen 1789 und 1848 trat dieses Idealbildnis der Frau immer
klarer hervor. Es war das Bild der dienenden, magdlichen Frau an der Seite
des Gatten. Ihre Ehe war nicht glücklich geworden. Ein Grund hierfür: die
Kinderlosigkeit, der andere: ihr sinnenfreudiger Gemahl huldigte auch weiterhin
während der Ehe den Lebensgenüssen und Liebesfreuden. Trotz allem ließ sie
nichts auf ihren Gatten kommen, obwohl sein Tun ihr nicht verborgen bleiben
konnte. Und er hingegen fühlte, wie sie ihm Halt und schützender Engel zugleich
war. Sie zwang ihm unbedingte Achtung ab. Immer war sie für ihn da,
versuchte sich in seine Liebhabereien einzufühlen. Ihre sorgende Hand war um
ihn in Stunden der Krankheit, die ihn oft quälte. Aber nicht nur im engen
Kreise war sie dienende Frau, sie war es für ihr kleines Volk, das sie in den
einfachen Bauernhäusern aufsuchte, dem sie seine Kranken pflegte, seine Kinder
betreute, sie war die magdliche Frau in den Hütten der Ärmsten und für die
Armen und Bittenden.

Eugenie besuchte als Erbprinzessin und später als Fürstin die Kranken aller
Stände ohne Unterschied. Eine Hofdame begleitete sie und in ihrem Korb brachte
sie ihnen Leckerbissen der Hofküche. Wenn im Sommer die Bauernfamilien auf
dem Felde waren, kannte sie den Platz, an dem der Hausschlüssel aufbewahrt
wurde, denn sie wußte, daß während dieser Zeit der Landarbeit wenig für die
Alten und Kranken, die zu Hause zurückbleiben mußten, getan wurde. Einmal
fragte die begleitende Hofdame eine Blinde, die sie besuchten, wie es komme,
daß sie beim Händedruck sagen könne, ob die Fürstin oder sie ihr die Hand
reiche. Die Blinde entgegnete, die Fürstin hätte rauhere Hände als die Hofdame.
In der Tat hat Eugenie die Kranken selbst gewaschen, gekämmt, verbunden und
gepflegt58). Einmal fuhr Eugenie durch ein ärmeres Viertel der Stadt und sah
eine gepflegte neue Wäsche und eine stark verflickte, aber ordentliche, auf der
Leine hängen. Sie fragte den Kutscher, der sie ausfuhr, welche Wäsche ihm als
kostbarer erscheine. Dieser bezeichnete die schöne neue Wäsche als wertvoller.
Eugenie aber entgegnete ihm, die ausgebesserte sei kostbarer, da sie unendlich
viel mehr Mühe gekostet habe als die andere. Wenn diese Unterhaltungen auch
anekdotenhaft erscheinen und nicht verbürgt sind, so zeigen sie doch, wie treffend
die Untertanen ihre Fürstin charakterisiert haben und wie sie heute noch,
nachdem sie bereits fast hundertzwanzig Jahre in der Gruft ruht, im Volke
lebendig ist.

Um unbemittelten Bräuten den Weg zur Ehe zu erleichtern, stand sie ihnen
durch Stiftungen helfend bei. In zwei Fällen bringt sie geradezu Ehen zustande.

Erbprinz Karl Anton macht im Jahre 1842 — Eugenie ist längst Fürstin —
eine Reise nach Wien. In Eile unterbreitet ihm Eugenie noch einen Wunsch zur
Eheschließung: „Nur zwei Worte Nächstenliebe. Als ich Sie das letzte Mal hier
gesehen habe, haben Sie mir angezeigt, daß diese Klafschenkel, die mich immer
bittet, sich ihrer anzunehmen, endlich sich verheiraten könnte. Am anderen Tag
erhalte ich eine Bittschrift von ihr, in der sie mich bittet, doch sie nicht im


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