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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1965/0344
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Neues Schrifttum

trägt, angekauft, in der Annahme, daß es sich um ein Bildnis der berühmten
Professoren- und Rektorengalerie der Universität Tübingen handelt.

Große Schwierigkeiten bereitete die Identifizierung der beiden rechts und
links oben stehenden Wappen neben dem Kopf des Dargestellten, dessen Kleidung
in die 80er Jahre des 16. Jahrhundens weist. Decker-Hauff bedauert, daß es in
Deutschland noch kein umfassendes haraldisches Figurenverzeichnis gibt im Gegensatz
zu anderen Ländern, zum Beispiel der Schweiz. Er bezeichnet es als fast
„nahezu aussichtslos", ein unbekanntes Wappen zu bestimmen, wenn nicht ein
glücklicher Zufall und gutes optisches Gedächtnis weiterhelfen.

Durch einen Glücksfall konnten die beiden Wappen identiziert werden. Das
rechts oben stehende Männerwappen mit der Hirschbrust und den gebogenen
Hirschstangen, dessen Helmzier unkenntlich war und das Schildbild nicht erneut
bringt, sondern nur als brauner Fleck erhalten war, ist das Wappen der aus dem
Thurgau stammenden von (Anwyl) Anweil. Decker-Hauff konnte den braunen
Fleck der Helmzier als ursprünglich stehenden roten Fuchs, der braun übermalt
worden war, bestimmen.

Ein Zufall machte auch die Bestimmung des links oben stehenden Frauenwappens
möglich. Bei der Bearbeitung der Wappen auf den Chorfenstern des
Freiburger Münsters stieß Decker-Hauff in der Stürzelkapelle auf das Wappen
des Kanzlers Kaiser Maximilian I., Doktor und Ritter Konrad Stürzel von
Buchheim. Dieses Wappen zeigt den Greifenkopf mit der gleichen Helmzier,
wie es auf dem unbekannten Portrait im Frauenwappen vorkommt. Die genealogische
Zusammenstellung der Wappen konnte gelöst werden durch das Werk
von Kindler-Knobloch, Oberbadisches Geschlechterbuch Bd. L Etwa 1529/30 gab
es eine Ehe zwischen Hans Albrecht von Anweil mit Anna Agathe Stünzel zu
Buchheim.

Nun ergaben sich neue Schwierigkeiten, da das Anweil-Portrait etwa 1585
datiert werden mußte, und Hans Albrecht Bürgermeister von Freiburg und
später Landvogt in Rötteln in Baden war. Was hatte die Kette mit der Medaille
des Herzogs Ludwig von Württemberg zu bedeuten? Intensives Forschen führte
zum Ergebnis, daß Hans Albrecht von Anweil drei Söhne hatte, von denen der
ältere, Hans Burkhard von Anweil, in württembergische Dienste trat und 1563
württembergischer Rat, 1576 Obervogt von Stadt und Amt Herrenberg war,
und als solcher 1593 dort gestorben ist.

Nun gaben die elterlichen Wappen ein neues Rätsel auf. Hans Burkhard war
zweimal verheiratet, mit Anna Schilling von Cannstatt (1566) und mit Katharina
von Stockheim (1584). Warum war nicht das Wappen einer seiner Frauen
abgebildet? Decker-Hauff findet die Lösung in dem „berechtigten Stolz" seiner
Ahnen. Dieser Stolz findet auf dem Anweil-Epitaph von Martin Schaffner in
der Staatsgalerie in Stuttgart seinen Ausdruck. Auch hält Decker-Hauff die Entstehung
des Bildes im Witwerstand des Hans Burkhard für wahrscheinlich.

Diese heraldischen und genealogisch so schwierigen Probleme wurden ebenso
meisterhaft wie vorbildlich gelöst, so daß man hier wohl von einem Musterbeispiel
in einer einmaligen, ausführlichen Form sprechen kann, die jeden Fachmann
mit großer Freude erfüllt.

Walter Kaufhold


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