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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1967/0228
Verfassungsgeschichte und Landesgeschichte

Dr. Baaken hob nun aus diesem Komplex ein Einzelproblem hervor: die Geschichte
des dörflichen Wirtschaftsbereichs, und zeigte, welche neuen Wege bereits
beschritten wurden. So bevorzugt z. B. Hans Jänichen eine Forschungsmethode, die
zunächst nicht mit der Quellenüberlieferung des Mittelalters beginnt, sondern von
den lückenlos bekannten Güterverhältnissen des Primärkatasters der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts ausgeht und von dieser gesicherten Basis aus über Steuerbücher
, Urbare und andere besitzgeschichtliche Quellen bis ins späte Mittelalter
zurückgelangt. Auf diese Weise können dann die Einzelangaben der Urkunden, die
ja meist nur die Veränderungen festhalten, in ein Gesamtbild eingebaut und überhaupt
erst richtig interpretiert werden. Wenn auch durch diese Untersuchungen nur
Schneisen geschlagen wurden und wohl noch jahrzehntelange Forschungsarbeit nötig
ist, bis wir ein neues Bild vom Wirtschaftsbereich des mittelalterlichen Dorfes vor
uns sehen, kann heute wohl schon gesagt werden: „Es besteht keine Kontinuität
zwischen dem Wirtschaftsbereich des südwestdeutschen Dorfes der Karolingerzeit
und dem der Neuzeit. Dazwischen liegen viele Vorgänge, die das Bild oft völlig
verändert haben." Der Referent wies darauf hin, daß sich die Veränderungen im
Mittelalter hauptsächlich in zwei Richtungen bewegten: Einerseits Ausbau von
Siedlungen von Hauptorten aus, wobei die Neusiedlungen bald eigene Wirtschafts-
(Zelg-)Verbände erhalten; andererseits Veränderungen durch die Wüstungsbewegung
des späten Mittelalters, wobei Dörfer und Weiler abgehen, während ihre Zeigverbände
oft erhalten bleiben oder anderen Siedlungen zugeteilt oder als Allmende
benutzt werden. Der erneute Landausbau der frühen Neuzeit bringt dann weitere
Veränderung in die Wirtschaftsbereiche der Dörfer.

Ähnlich wie bei der Behandlung von Problemen der Grafschaft konnte Dr. Baaken
auch hier wieder zeigen, daß die moderne Forschung nicht nach neuen geheiligten
Lehren strebt, die es erlauben, jede Verfassungseinrichtung, die es im Südwesten
oder gar in Deutschland gab, mit einem Lehrsatz über Entstehung, Ausgestaltung
und Funktion zu erklären. Vielmehr müssen zahlreiche Einzelfälle mit möglichst
günstiger Quellenlage aus allen Räumen und Epochen genau untersucht und dargestellt
werden. Bis dahin sollten wir uns mit einer, wenn auch in manchem verwirrenden
Vielfältigkeit des Überlieferten begnügen, die aber nur durch präzise
Arbeit am Detail und nicht durch neue vorschnelle, allgemeine Thesen entwirrt
werden kann.

Damit war den Zuhörern dieses Vortrags deutlich vor Augen geführt, welche
„neuen Wege" die verfassungs- und landgeschichtliche Forschung bereits beschritten
hat, und die Mitglieder des Hohenzollerischen Geschichtsvereins durften sich durch
die Schlußworte des Vortragenden mit Recht geschmeichelt fühlen: Auch der Hohen-
zollerische Geschichtsverein hat durch seine Arbeit an dieser Entwicklung lebendigen
Anteil, vor allem durch seine im Laufe eines Jahrhunderts veröffentlichten Quellen
und Forschungen.

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