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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1968/0188
Neues Schrifttum

nen. Dabei wird vielleicht nicht genügend beachtet, daß das deutsche Privatrecht für Gierke
historisch gelebte Gegenwart war, die dogmatischer Erfassung bedurfte. Dennoch liefert
dieser Ansatz dem Verfasser eine gute und sachgerechte Gliederung seines Stoffes.

Das Kirchspiel Altensteig, in der nordöstlichen Schwarzwaldabdachung gelegen, verdient
schon wegen seiner Nachbarschaft zur Dornstetter Mark, dem Vorführbeispiel der
älteren Markgenossenschaftslehre, die Aufmerksamkeit des Rechtshistorikers. Bis ins 12.
•Jahrhundert fehlt aber zunächst jede schriftliche Überlieferung. Diesem Mangel sucht der
Verfasser durch Verwertung der Patrozinienforschung, der Topographie, der Kunstgeschichte
und der Flurnamenforschung abzuhelfen. Mag er dabei auch in mancher Hinsicht
überfordert sein, so überzeugt doch das Ergebnis: Von einem Fronhof aus wurde das Waldgebiet
in nordwestlicher Richtung besiedelt. Auf den ehemaligen Fronhofverband weisen
noch in späterer Zeit das gemeinsame Hubgericht und die kirchliche Einheit hin. Als im
Jahre 1303 die Gesamtnutzung durch die Kirchspielangehörigen erstmals erwähnt wird,
sind die Grafen von Hohenberg Grundherren über den größten Teil des Gebiets; nur Fünfbronn
war wohl durch Schenkung an das Kloster Allerheiligen gelangt. Der Zerfall der
Grafschaft Hohenberg brachte weiteren Besitzwechsel mit sich. Im 15. Jahrhundert schließlich
ist der Markgraf von Baden als Herr von Altensteig zugleich Herr der Kirchspiel-
allmende. Ortsherren im Kirchspielbezirk sind aber auch die Herzöge von Württemberg
und die Freiherren von Gültlingen als württembergische Lehnsleute. Mit dem Verkauf der
badischen Besitzungen an Württemberg im Jahre 1603 werden die Verhältnisse wieder einheitlicher
. Keinen nachhaltigen Einfluß konnten die auf die bäuerlichen Lehengüter beschränkten
Ortsherrschaften gewinnen. Oberhaupt verhinderte die überörtliche Genossenschaft
mit Ausnahme der Stadt Altensteig eine volle Ausbildung der einzelnen „Dorfgemeinen
".

Bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts war Altensteig-Dorf Pfarrkirche aller Kirchspielorte
. Die Kirchspielverwandten hatten Fuhr- und Handfronen zum Bau und zur Erhaltung
von Kirche, Pfarr- und Mesnerhaus zu leisten. Dieser Lastenverband überdauerte
auch die kirchliche Neuordnung und gab den Boden für die dann „Kirchspiel" genannte
Waldgenossenschaft. Für die Kirchspielangehörigen war die Allmende in Form von Weide-,
Holz-, Eckerich- und Fischgerechtigkeit Daseinsgrundlage. Aus der bloßen Mitnutzung
wurde allmählich ein seine Angelegenheiten selbst ordnender Verband. Historisch verfolgbar
ist die Ausbildung von Organen. Bis zum Widerspruch der übrigen Kirchspielorte im
Jahre 1507 nahm die Stadt Altensteig die Vertretung des Kirchspiels als „Obermärker"
nach außen wahr. Auseinandersetzungen mit dem Kirchspielherrn wegen der Holznutzung
führten seit 1560 zu einer festen Ordnung der Genossenschaft. Das Kirchspiel wurde nach
grundherrlichen Gesichtspunkten in vier Viertel eingeteilt, deren jedes einen Kirchspielmann
zu wählen hatte. Die vier Kirchspielmänner bildeten zusammen das Verwaltungsorgan des
Kirchspiels. Ihre Stellung erinnert an die Heimburgen, Vierer usw. Oberstes Organ des
Verbands war die aus den Kirchspielmännern, Ortsschultheißen und Gerichtsverwandten
gebildete Kirchspielversammlung, die unter dem Vorsitz des Vogtes von Altensteig zusammentrat
. Die einmal mit Unterstützung, dann wieder gegen den Willen der Kirchspiel- und
Ortsherren sich fester zusammenfügende Markgenossenschaft machte die ohnehin schwierigen
Rechtsverhältnisse noch komplizierter, so daß der Verfasser mit Recht von geteilten
Herrschaftsverhältnissen spricht. Die Eigenständigkeit des Kirchspiels findet am augenscheinlichsten
darin ihren Ausdruck, daß sich die Markgrafschaft Baden im Kaufvertrag
vom Jahre 1602 deshalb zu einem beträchtlichen Preisnachlaß verstehen mußte.

Das Kirchspiel hat allem Wandel der Rechts- und Staatsauffassungen zum Trotz fortbestanden
, solange die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen gegeben waren. Mit
der Änderung der Anbau- und Weidegepflogenheiten zerfiel die Einheit des Kirchspiels.
Gegensätzlichkeiten zur herrschaftlichen Forstverwaltung beschleunigten das Ende. Als im
Jahre 1830 die Allmende unter die neun Kirchspielorte und den Staat aufgeteilt wurde,
hatte ein bereits lebloses Gebilde sein rechtliches Ende gefunden.

Die Untersuchung trägt Wertvolles zur Geschichte der bäuerlichen Genossenschaften

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