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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1969/0059
Auswanderung nach Südosteuropa

A. Historische und archivalische Grundlagen

1. Geschichtlicher Rahmen und Auswanderungsbewegung

Spricht man heute über die früheren Abwanderungen großer Teile der Bevölkerung
auch unseres Raumes nach dem Südosten, so kommt neben einem ungläubigen
Erstaunen ziemlich regelmäßig die Frage: Wann und warum sind denn die Leute
fortgezogen und weshalb ausgerechnet nach Ungarn? Das Schrifttum hat solche
Fragen bereits ausgiebig beantwortet1. Hier sei für unseren Raum kurz skizziert:

Seit dem förmlichen Abschluß des 30jährigen Krieges war noch kein Menschen-
alter verflossen, als sich das Reich und besonders sein Südwesten schon wieder in Unruhe
und die Bevölkerung in Bedrängungen, Furcht und Not gestürzt sahen. Zur Abwehr
der Raubkriege Ludwigs XIV. (1672-1679, 1689-1699) und der von ihm
unterstützten Türkenkriege (1683-1697) waren immer mehr Soldaten zu stellen,
immer höhere Kriegskosten aufzubringen und immer wieder unmittelbare Kriegslasten
zu tragen. Freund und Feind wechselten häufig, besonders im Raum zwischen
Oberrhein und oberer Donau, wo die französischen und bayerischen Heere sich zu
vereinigen und die Österreicher dies zu verhindern suchten. Auch die Soldaten der
Freundseite wären ja im übrigen meist alles andere als Freunde. So bedrückten
Durchmärsche, Quartier-, Verpflegungs- und Vorspannleistungen alle Teile der
Bevölkerung. Den finanziellen Ausgleich direkter Kriegslasten und -Schäden konnte
der Reichskreis erst spät und natürlich nur in Geld vornehmen; aber nur wenig
nützte dem Bauern die späte Geldentschädigung für sein beim Vorspann eingegangenes
Pferd, wenn er es vorerst bei der Arbeit entbehren mußte und auch
später gegen Geld kein neues Tier auftreiben konnte.

Zu den regulären Lasten traten die anderen: Besonders beim Rückzug feindlicher
Truppen kam es zu Nötigungen und Erpressungen durch sie und Marodeure
hinter ihnen; Gefahr für Leib und Leben, mindestens aber für ihre schon armselige
Habe, traf am meisten diejenigen, die nicht in geschlossener Siedlung wohnten.

Unter solchen Unbilden litten die in erster Linie geplagten Bauern so, daß
sie oft lieber Haus und Hof verlassen als sich und die Ihrigen länger den ständigen
Drangsalierungen aussetzen wollten. „Alle Untertanen sind in Aufruhr, wollen ihr
Sach verkaufen und nach Ungarn, um die bevorstehenden Winterquartiere zu
fliehen", berichtet der Schultheiß von Veringenstadt im Sommer 1689 2.

Sigmaringen und Laiz bekamen 1692/93 Wintereinquartierung. Die Witterung
trug zur allgemeinen Not bei: 1688 war Fehljahr, 1689 brachten Hochgewitter
Ernteschäden, 1689/90 herrschte ein außergewöhnlich strenger Winter und 1690
Mangel an Saatgut3.

Die trostlose Lage der Bauern führte dazu, daß Tagwerker und Handwerker
keine Aufträge von ihnen erhielten. Um nicht zugrunde zu gehen, meldeten auch
diese sich zur Auswanderung4.

1 Baier (LV 2); Roemer (LV 24); Schäfer (LV 28, LV 29); Schaffner (LV 31); Kaller (LV 17).

* SAS Sig Pr 31, 11:123.

* GLA 61/13384:55, 69, 71, 87, 91.

* SAS Sig Pr 33:258 (Bendel).

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