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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0068
Hans Speidel

greifen wäre es, wie sich's in der Folge zeigte, zu den maßlosesten gefährlichsten

Ausschreitungen gekommen." 10*
Er war es auch — so der Bericht Stolls —, der in kritischen Situationen mit starker
Hand eingriff und das Schlimmste verhinderte, insbesondere wenn die „wütenden
Unterländer" mit Gewalttätigkeiten drohten. Zwei Beispiele werden angeführt: Am
Anfang einer der Sitzungen verlas ein Abgeordneter aus Jungingen eine Schrift,
in der die Gemeinde Jungingen gegen den Raub protestierte, der dem Fürsten am
11. März abgerungen worden sei. Die radikalen Abgeordneten schrien und tobten
daraufhin und drangen mit dem Ruf „hinaus mit dem Verräter" auf ihn ein und
wollten ihn zum Fenster hinauswerfen. Da bedurfte es — so wieder der Bericht —
„der ganzen Energie des Präsidenten und des besonneneren Teils der Abgeordneten,
um ein solch verbrecherisches Attentat zu verhüten." Ein andermal erschienen die
Abgeordneten von Steinhofen, Bisingen, Grosselfingen, Thanheim in erregter Stimmung
und verlangten den sofortigen Abbruch der Verhandlungen und Einsetzung
einer provisorischen Regierung, was die Ausschaltung des Fürsten und seiner Regierung
bedeutet hätte. „Da sprang der Präsident von seinem Sitze auf, stellte sich vor
die Bänke der Abgeordneten, redete, ungeachtet der ihm entgegengehaltenen Fäuste
der Wütenden, so eindringlich, gewaltig das Gefährliche ihres unüberlegten, folgenschweren
Antrags mit Donnerstimme schildernd, bis er blutend aus Mund und Nase
halb ohnmächtig auf seinen Sitz zurückwankte." Und er fährt fort: „Wie ein kalter
Wasserstrahl wirkte die ergreifende Rede. Von nun an getraute sich keiner mehr,
mit einer unsinnigen Forderung aufzutreten. Wollte es dem einen oder dem anderen
gelüsten, nach Bauernweise grob dreinzufahren, so flüsterte ihm sein Nachbar zu:
„Sei still, du siehst ja, er - der Präsident - ist heute wieder ganz wütig." 107
Stoll schildert übrigens noch einen anderen Vorfall, der beweist, daß Blumenstetter
auch gegenüber dem Fürsten mannhaft und mit aller Entschiedenheit auftrat, wenn
es erforderlich war. Dieses Ereignis entbehrt nicht einer gewissen Komik. Eines
Morgens berichteten die Abgeordneten aus dem Kirchspiel, als sie in die Sitzung
kamen: „Der Fürst habe am Tore seines Schlosses auf sie gewartet und ihnen gesagt,
sie sollten nicht immer ihm sein Einkommen schmälern, sondern auch seinen Beamten
von ihren Gehältern wegtun." Das gab natürlich wieder Unruhe und Aufregung
in der Versammlung, bis auf Anraten des Präsidenten und der Regierungskommissäre
eine Deputation zum Fürsten geschickt wurde, die ihm Vorhaltungen wegen
dieser unpassenden Eingriffe in den Gang der Verhandlungen machen sollte. Blumenstetter
als Sprecher dieser Abordnung machte „dem hohen Herrn in feinster
untertäniger Weise klar, wie sehr er durch persönlichen Verkehr mit den verhetzten
Bauern" die Arbeit der Versammlung erschwere oder gar unmöglich mache. Der
Fürst sah sein „unkluges Benehmen" ein und versprach, sich in Zukunft nicht mehr
in die Verhandlungen einzumischen. Er — der Fürst — stand „wie ein verschüchtertes,
fehlerbewußtes Kind" vor den Deputierten, und man glaubte nicht in ihm, sondern
im Präsidenten (Blumenstetter) den Fürsten zu sehen las. Man sieht aus diesen Vorfällen
, daß Blumenstetter der Aufgabe als Präsident dieser Versammlung in jeder
Weise gewachsen war, und daß es nur seiner geschäftskundigen und energischen
Leitung zu verdanken war, daß nicht alles aus Rand und Band ging.

108 Stoll, Meine Erinnerungen aus dem Revolutionsjahre 1848, S. 26.

107 Stoll, Meine Erinnerungen aus dem Revolutionsjahre 1848, S. 26.

108 Stoll, Meine Erinnerungen aus dem Revolutionsjahre 1848, S. 26 f.

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