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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0075
Pfarrer Blumenstetter

rühmten Männern der Nationalversammlung kannte schon die beiden Pfarrer aus
dem Zollerländle. Vom Dichter Unland, dem Tübinger Abgeordneten, der gleichfalls
Mitglied der Nationalversammlung war, wird in diesem Zusammenhang eine
kleine Geschichte erzählt: Beim Namensaufruf in der Paulskirche sei er auf den Hechinger
Abgeordneten gespannt gewesen. Wie er den großen und stattlichen Blumenstetter
gesehen habe, habe er gemeint, das ganze Hechinger Ländle komme herein m.

Die meisten Abgeordneten des neuen Parlaments rechneten mit einer Tagungsdauer
von einigen Monaten. Auch Blumenstetter gehörte zu diesen. Bald aber
merkte er, daß sich die Verhandlungen hinzogen, ohne daß etwas Wesentliches geschah
. Er entschuldigte das mit der großen Anzahl der Versammelten: „Viele Köpfe,
vielerlei Gesinnung". Er erwähnte die Vielzahl der Anträge und Gesuche, die man
„in der Tat Legion" nennen könne. Auch haben neben der schon erwähnten Redelust
vieler Abgeordneter die nun einmal erforderlichen Wahlen und Einteilung in
Kommissionen, um nur das wichtigste herauszugreifen, die Versammlungen so lange
hingehalten 13°. Auch andere Abgeordnete beklagten sich über den schleppenden
Gang der Verhandlungen und daß man über Formalitäten zuviel Zeit verliere. Ein
Abgeordneter sagte scherzweise, er wünsche nur, daß die diesjährige Kartoffelernte
so gut ausfalle wie die Zahl der Reden in dieser Versammlung. Immerhin konnte
Blumenstetter schon wenige Tage nach seinem ersten Bericht seine Wähler über eine
wichtige Entscheidung des Parlaments, die Einführung einer provisorischen Staatsgewalt
, die bis zur Vollendung des ganzen Verfassungswerks die Regierung in allen
gemeinsamen Angelegenheiten Deutschlands übernehmen sollte, unterrichten m. Zu
dieser Frage, die hart umkämpft war und zu der sich, wie Blumenstetter in dem
erwähnten Wählerbrief sagte, über 180 Redner zu Wort meldeten — die meisten
von ihnen kamen allerdings nicht mehr zum Reden —, hat er sich in der Versammlung
nicht geäußert. Ob er bei den vielen Vorberatungen eingeschaltet war, ist nicht
bekannt. Seine Einstellung zu den verschiedenen damit zusammenhängenden Einzelfragen
ergibt sich jedoch aus den namentlich vorgenommenen Abstimmungen, die
jeden Abgeordneten zu einem offenen politischen Bekenntnis zwangen. Umstritten
war hier zunächst, ob die Bestellung dieser obersten Staatsgewalt mit oder ohne
Einverständnis oder wenigstens mit oder ohne Einflußnahme der deutschen Landesregierungen
und ihrer Regenten erfolgen solle. Blumenstetter wie auch sein Freund
Sprißler stimmten hier mit der überwiegenden Mehrheit gegen jegliche Beeinflussung
von einer solchen Stelle, weil ein solcher von der Rechten gewünschte Vorbehalt der
Nationalversammlung unwürdig sei13S. Auch gab er sein Votum, und zwar hier
wieder mit der großen Mehrheit, dahin ab, daß der künftige Reichsverweser von
der Nationalversammlung frei gewählt werden solle, ohne daß einer anderen Stelle
ein Vorschlagsrecht oder eine anderweitige Einflußnahme eingeräumt werden
dürfe m. Allerdings hätte Blumenstetter anstatt eines Reichsverwesers lieber einen
Präsidenten an der Spitze der Zentralgewalt gesehen, was seiner demokratischen
Einstellung mehr entsprochen hätte, aber hier war die Majorität anderer Auf-

129 Eglers Chronik der Stadt Hechingen S. 262.

130 VuABl. Hech. 1848, S. 237.

131 VuABl. Hech. 1848, S. 246.

132 Sten. Ber. S. 576 f.

133 Sten. Ber. S. 598, 602.

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