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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1970/0080
Hans Speidel

gefühls erblickten. Auch Blumenstetter gehörte zu diesen. Zwar war er in der fraglichen
Sitzung noch nicht anwesend und konnte infolgedessen auch nicht mit abstimmen
. In einem späteren Schreiben begründet er jedoch seinen Standpunkt zu
dieser Frage ausführlich. Der Waffenstillstand von Malmö verletze, so schreibt er,
Deutschland in seinen heiligsten Interessen. Er hätte nur von der Zentralgewalt
Deutschlands unter Genehmigung der Reichsversammlung abgeschlossen werden
können. Er verletze auch die Rechte der Bruderstämme in Schleswig-Holstein und
die Pflicht Deutschlands gegen sich selbst und gegen Schleswig-Holstein, dem man
einen ehrenhaften Frieden verbürgt habe158. Trotzdem aber verurteilte Blumenstetter
die dadurch heraufbeschworenen Unruhen, und voll tiefer Entrüstung bemerkt
er: „Ich will die Freiheit für das Volk und für mich, ... ich will die Freiheit
für alle, aber ich will sie nicht und könnte wahrscheinlich ihrer auch niemals mich
freuen, wenn sie mit Menschenblut bespritzt, mit Meuchelmord befleckt wäre" 159.
Und er schließt den Bericht mit der ernsten Mahnung: „Mitbürger! Unüberlegte
Leidenschaftlichkeit und Gewalttat kann niemals gute Folgen haben; nur ein besonnen
gesetzliches Verhalten kann und wird uns, wenn auch später, doch um so
sicherer zum Ziele führen 1H.

Vor allem die geschilderten Vorgänge in Frankfurt waren es, die Blumenstetter
veranlaßten, sich einem Verein anzuschließen, der sich von den bisherigen Abteilungen
der „Linken" absonderte und sich nach der Tagungsstätte „die Linke von
Westendhall" nannte. Diese „Linke im Frack", wie sie auch genannt wurde, sah ihre
Aufgabe darin, die Errungenschaften der Märzrevolution gegen die Wühlereien der
Reaktion aufrecht zu erhalten und zu verteidigen, andererseits aber auch „jegliche
Richtung, die zu Gewaltausbrüchen führen könne, zu bekämpfen" 1M. Blumenstetter
blieb nicht mehr lange in Frankfurt. In diesen wenigen Wochen hat er noch bei
mehreren Anträgen und Entscheidungen mitgewirkt, bei denen seine politische Einstellung
erneut eindeutig zutage trat. Mehrfach stimmte er mit der Linken für die
Aufhebung des Belagerungszustandes der Stadt Frankfurt. Von mehreren Rednern
wurde darauf hingewiesen, daß in der Stadt überall Ruhe herrsche und keine Störung
der öffentlichen Ordnung mehr zu befürchten sei. Die Dringlichkeit dieser Anträge
wurde jedoch jeweils von einer überwiegenden Mehrheit abgelehntI6!. Bei der
weiteren Beratung der Grundrechte ging es um die Frage, ob Versammlungen unter
freiem Himmel „bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit"
verboten werden könnten. Blumenstetter stimmte gegen eine solche Bestimmung,
wohl in der Annahme, daß es für den Staat ein leichtes sei, damit ihm unliebsame
Zusammenkünfte zu unterbindenIM. An den meisten Beratungen des Artikels III
der Grundrechte, die das Verhältnis der Kirchen zum Staat zum Gegenstand hatten
und Ende August und Anfang September stattfanden, hat Blumenstetter nicht teilgenommen
. Seine Einstellung zu dem von Sprißler in dem Zusammenhang gestellten
Antrag: „Niemand darf zur Erfüllung religiöser Pflichten gezwungen, und niemand
kann wegen Nichterfüllung oder Verletzung derselben mit weltlichen Strafen belegt

»« VuABl. Hech. 1848, S. 370.
«• VuABl. Hech. 1848, S. 360 ff.
"° VuABl. Hech. 1848, S. 360 ff.
»i VuABl. Hech. 1848, S. 370.
1M Sten. Ber. S. 2270, 2275, 2320.
lra Sten. Ber. S. 2309.

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